Reineke Fuchs.
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den Hof. Hier redete Reineke sich nun mit vielen Worten gar trefflich
heraus und bedauerte aufs tiefste, daß Bellyn nicht mehr am Leben;
denn diesem habe er drei kostbare Kleinodien mitgegeben. Das erste sei
ein Ring gewesen mit eingegrabenen zauberkräftigen, hebräischen Worten,
der vor allen Qualen und Gefahren den König behütet haben würde;
die beiden anderen Kleinodien aber seien für die edle Königin bestimmt
gewesen: ein Kamm aus echtem Pantherbein habe in goldenen Bildern
das Urteil des Paris dargestellt, und ein Spiegel, in dem man alles habe
sehen können, was meilenweit geschehen, die Fassung von unzerstörbarem
Holz, mit wunderbaren Bildern geschmückt, sei das dritte gewesen. Was
könne er nun dafür, daß diese kostbaren Dinge durch Bellyns Leichtsinn oder
wohl gar Habsucht verloren seien? Er und sein Vater bereits seien immer
König Nobels treueste Vasallen gewesen, das könne er durch viele Bei¬
spiele beweisen. Übrigens erbiete er sich als echter Edelmann, von allen
anderen Klagen sich in offenem Zweikampfe zu reinigen. So redete der
Freche, und schon war Nobel nahe daran, sich abermals bethören zu
lassen, da stürzte Isegrim vor und brachte eine Menge neuer Schänd¬
lichkeiten Reinekes ans Licht, besonders aber, wie gemein und schlecht er
sich gegen seine, Isegrims, edle Gattin Gieremund betragen habe. So
habe er einst im bittren Winter geheuchelt, er wolle ihr das Fischen
lehren, und nachdem sie den Schwanz ins Wasser gesteckt und dieser
fest eingefroren sei, da habe er sie noch verhöhnt und höchst unziemlich
behandelt. Ein ander Mal habe er sie in einen Eimer setzen und in
den Brunnen fallen lassen, indem er im anderen Eimer herausgestiegen
sei; damals wäre sie von den herbeigeeilten Landleuten beinahe zu Tode
geschlagen worden. Kurz, Reineke sei ein Dieb, ein Räuber, ein Ehren¬
schänder, und er fordere ihn hiermit vor allen Edlen auf morgen zum
Zweikampfe. Wohl erschrak da Reineke, allein er faßte sich schnell und
nahm scheinbar unerschrocken die Herausforderung an. Des Nachts aber
lehrte ihn seine Freundin, die Äffin Rückenau, allerlei Fechterkünste,
schor ihn ganz kahl und salbte ihn mit Öl, daß er nicht so leicht ge¬
faßt werden könne, sprach endlich auch einen Segen über ihn, der ihn
unüberwindlich machen werde. Am Morgen begann dann der Kampf.
Trotzdem der Wolf so stark war, gelang es doch Reineke infolge seiner
neuen Künste, sich lange zu halten; endlich aber geriet er mit seiner
Pfote in Isegrims Rachen und suchte sich nun mit süßen Redensarten
zu retten: er wolle für jenen eine Bittfahrt antreten, sein Dienstmann
sein und für ihn jagen. Allein der wütende Wolf gab ihm kein Gehör
und hielt ihm noch einmal alle seine Vergehen vor. Inzwischen aber
zog Reineke unvermerkt seine Pfote langsam heraus, ersah sich eine