Full text: [Teil 5 = Kl. 5, [Schülerband]] (Teil 5 = Kl. 5, [Schülerband])

56. Die sterbende Eicbe. von Rudolf Baumbacb. 
Krug und Tintenfaß. 11. Tausend. Leipzig 1892. 8. 89. 
1. Sturmwind kam herangejagt 
wild über Hügel und Heide. 
„Neigt euch!" rief die Erle verzagt, 
„beugt euch!" rief die Weide. 
2. Sturmwind rast durchs Baumgeäst, 
Zweige knarren und knacken; 
nur die Eiche steht trotzig fest, 
beugt nicht Haupt und Nacken. — 
3. Singend sein wildes Siegeslied, 
weiter durch Wald und Wiese 
zog der Sturm. — In Moos und Ried 
lag der gestürzte Niese. 
4. Und die Erle zur Weide sprach: 
„Siehe, wir leben alle, 
und die Eiche, die starke, brach, 
Übermut kommt zu Falle." 
5. Todwund sprach der gewaltige Baum: 
„Will euch das Leben nicht neiden. 
Sterben muß ich; ich schaffe Raum 
schmiegsamen Erlen und Weiden. 
6. Wieget im Winde das grüne Haar 
über der modernden Leiche! 
Erlen und Weiden, ihr dauert, ich war, 
aber ich war die Eiche."
	        
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