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B. Prosa.
I. Sagen und Erzählungen.
66. Die Fritze der Zwerge.
Jakob und Wilhelm Grimm.
Vor alten Zeiten wohnten die Menschen im Tal und rings um sie
in Klüften und Höhlen die Zwerge, freundlich und gut mit den Leuten,
denen sie manch schwere Arbeit nachts verrichteten; wenn nun das
Landvolk frühmorgens mit Wagen und Geräten herbeizog und erstaunte,
daß alles schon getan war, steckten die Zwerge im Gesträuch und lachten
hell auf. Oftmals zürnten die Bauern, wenn sie ihr noch nicht ganz
zeitiges Getreide auf dem Acker niedergeschnitten fanden, aber als bald
Hagel und Gewitter hereinbrach und sie wohl sahen, daß vielleicht kein
Hälmlein dem Verderben entronnen sein würde, da dankten sie innig
dem voraussichtigen Zwergvolk. Endlich aber verscherzten die Menschen
durch ihren Frevel die Huld und Gunst der Zwerge, sie entflohen, und
seitdem hat sie kein Aug' wieder erblickt. Die Ursache war diese: ein
Hirt hatte oben am Berg einen trefflichen Kirschbaum stehen. Als die
Früchte eines Sommers reiften, begab sich, daß dreimal hintereinander
nachts der Baum geleert wurde und alles Obst auf die Bänke und Hürden
getragen war, wo der Hirt sonst die Kirschen aufzubewahren pflegte.
Die Leute im Dorf sprachen: „Das tut niemand anders als die redlichen
Zwerglein, die kommen bei Nacht in langen Mänteln mit bedeckten