VröhlerD. Nabe zu Merseburg. M e i er: H. Eberhard. Schöppner: D. Veuetianer. 85
nicht wieder erstand. An einem Hause am Marktplatze in Merseburg,
in welchem der treue Diener gewohnt haben soll, war ebenfalls ein
Stein mit dem Bilde eines Raben, der einen Ring im Schnabel hat,
und auf dem Haufe ein schlanker Thurm angebracht. Fortwährend wird
aber in Folge einer dazu vom Bischof gemachten Stiftung, welche den
Unterhalt eines Raben reichlich sichert, auf dem Schloßhofe in einem
großen thurmartigen Bauer ein Rabe zum Andenken an diese Begeben¬
heit unterhalten.
65. Ein köstlich Wort des Herzogs Eberhard I. (1495 n. Chr.)
Von Ernst Meier. Deutsche Sagen, Sitten u. Gebräuche aus Schwaben. Stuttgart, 1852.
Nachdem Eberhard im Bart auf dem Reichstage zu Worms 1495
vom Kaiser Maximilian I. mit der Herzogswürde belehnt worden, ward
er auf einen Abend nebst anderen Fürsten von den Herzögen zu Sachsen
zu einem Mahle geladen. Während der Unterhaltung kam man auf die
Vorzüge der verschiedenen Länder zu sprechen, wobei ein Jeder das seine
herausstrich. Die von Sachsen rühmten ihre Silbergruben, der Pfalzgraf
seine köstlichen Weine, die Herzöge von Baiern ihre schönen Städte.
Eberhard von Würtemberg hörte stillschweigend zu. Als er darauf aber
vom Herzog von Sachsen angelassen wurde, daß er gleichfalls etwas
von seinem Lande reden und hervorheben möge, so sagte er ganz be¬
scheiden: ,Hch weiß gar wohl, daß die Länder Eurer Liebden alle weit
größer und ansehnlicher sind als das meine; darüber kann ich nicht
streiten noch diesen Vorzug in Zweifel ziehen. Doch danke ich Gott für
das meinige und mag dabei dieses mit Grund der Wahrheit sagen, daß
ich mitten im Sommer auf dem freien Felde im Schooße eines jeglichen
meiner Unterthanen sicher ruhen und schlafen könnte." Dies Kleinod
des Würtembergers schien aber allen anwesenden Fürsten dergestalt köst¬
lich und beneidenswerth zu sein, daß sie es allen ihren Schätzen und
gepriesenen Vortheilen vorzogen.
66. Die Gold suchenden Veuetianer im Fichtelgebirge.
Bon Alexander Schöppner. Sagenbuch der Bairischen Lande. München, 1852.
Eine der schönsten Sagen des Fichtelgebirges ist die alte Kunde von
den geheimnißvollen Fremdlingen, die sich einst in seinen Wildnisien um¬
hertrieben. Sie ließen sich nur zuweilen in den Walddörfern als Mause¬
fallenhändler oder in Köhlertracht blicken und brachten die meiste Zeit
im tiefen Forste zu, in Höhlen und an Brunnen und Bächen. Da gru¬
ben sie nach edlen Metallen und suchten Goldkörner, welche sie wuschen
und schmolzen. Oft fand das Volk, welches eine geheime Scheu vor
ihrem Wesen und Treiben hatte, an heimlichen Plätzen verlaffene, nieder¬
gebrannte Feuer und daneben Spaten, Pfannen und Meißel oder gar
eins ihrer Büchlein, in denen sie die goldreichen Stellen und Punkte des
Gebirges verzeichnet hatten. Auch hörte man wohl zu Zeiten ihr dumpfes
Pochen und Schlagen. Diese seltsamen Männer waren besonders Vene»
tianer und Wallonen, wie die Sage erzählt.