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IV Vorwort.
und 18-51. Im möglichsten Anschluß an die darin ausgesprochenen Grundsätze
und Wünsche einerseits, andererseits mit steter Berücksichtigung der Forderungen
des westfälischen Lehrplans für den deutschen Unterricht wurde diese Sammlung
entworfen.
Sie weicht von vielen bisher erschienenen zunächst durch die Einteilung in
Klassenkurse ab, von denen die drei ersten den ersten Teil bilden. Der Entwurf
nach Klassenkursen, der schon von Hülstett, Bach und Ph. Wackernagel vor¬
gezogen wurde, findet seine Begründung vornehmlich in der Natur der Sache
selbst, in dem vom Lektionsplane vorgeschriebenen und faktisch vorhandenen Lehr¬
gänge nach Jahreskursen. Er soll den Lehrer der Mühe zeitraubender Auswahl,
den Schüler aber der Gefahr überheben, seine Tafel mit einer seinen Kräften noch
nicht entsprechenden Geisteskost besetzt zu sehen. Wo die Entwicklungsstufen so
enge an einander rücken wie vom zehnten bis zum dreizehnten Lebensjahre, da ist
strenge Gliederung und Anordnung des Unterrichtsstoffes um fo notwendiger,
damit der Knabe, ohne den späterer Zeit vorbehaltenen Genuß lüstern und altklug
vorwegzunehmen, in dem jedesmaligen engeren Entwicklungskreise gründlich sich
befestige und heimisch fühle und fo aus den Schranken zurückgezogener Kindlichkeit
allmählich zu weiteren Lebensanschauungen heranreife. Es darf also im Lesebuch
keine Stelle geben, die nicht mit der gesunden Entfaltung der Geistesanlagen auf der
betreffenden Stufe durch lebendige Faden verschlungen wäre, keine Stelle, die nicht
in dem Leben der Jugend selbst ihre Berechtigung fände, keine, über die der Lesende
teilnahmlos hinwegeilen oder der er sich noch nicht gewachsen fühlen möchte. Eine
sorgfältige Berechnung des Angemessenen für eine jede Bildungsstufe wird auch
immer in dankbarer und fruchtreicher Aufnahme seitens der Jugend ihren Lohn
finden. Noch einen andern Vorteil indes glauben wir durch unser Einteilungs¬
system nicht eingebüßt zu haben. Es ist der Reiz der Neuheit, der jede einzelne
Abteilung des Lesebuchs dem in eine höhere Klasse aufgestiegenen Schüler will¬
kommen und wert macht. Auch dsr planlos umhergreifenden, verderblichen Lese¬
wut, wo sie schon aufgeschossen sein sollte, wird in dem neuen Bande ein Feld
zur unschädlichen Befriedigung eröffnet, ja ihr noch eine dem Unterrichte ersprie߬
liche Frucht abgewonnen.
Wir gehen nun zu einer kurzen Darlegung der Grundsätze über, welche uns
bei der Auswahl des Lesestoffs leiteten. Schon die Erwägung, daß der Einfluß
einer vermittelst des Unterrichts von den Schülern besonders zu verarbeitenden
und ganz und gar in deren geistige Entwicklung zu verflechtenden Sammlung eine
höhere Schätzung verdiene als der jedes anderen deutschen Lesestoffes, gab uns zur
möglichsten Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit den Antrieb. Hier mußten vornehm¬
lich Autoritäten gelten, die Namen deutscher Klassiker mußten für die Aussonderung
des streng Mustergiltigen aus der Fülle des überhaupt Brauchbaren Bürgschaft
leisten. Lauter Klassisches zu liefern war unser Streben, von dem wir nur ab¬
wichen, wo das Gediegene nur des glänzenden litterarischen Namens entbehrte oder
wo einzelne Felder der beabsichtigten Mustersammlung noch der ergänzenden Ausfüllung
bedurften, weil auf ihnen die Ausbeute aus den Klassikern lückenhaft geblieben war.
Aus diesem Verfahren bei der Entscheidung über die Würdigkeit des Aufzu¬
nehmenden erwuchs uns von selbst der Gewinn, die Jugend durch das Lesebuch
nach und nach in die deutsche Litteratur einführen zu können. Daher ließen wir
auch, wo der Plan des Ganzen und die methodische Stufenfolge es gestattete,
namentlich bei Gruppierung der Dichter, einzelne Persönlichkeiten als Träger
geistiger Richtungen und litterarischer Gattungen in reicherer Fülle ihrer Geistes¬
erzeugnisse hervortreten.
Um zweitens das dem Gesichtskreise der Schüler, ihrer Alters- und Klassen¬
stufe Entsprechende nicht zu verfehlen, wurde das ganze Bildungsgebiet einer
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