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und Ulenspiegel starb. Da nun alle Ding nach Laut des Testaments vollbracht
und die vier Wochen verlaufen waren, da kam der Rat, der Kirchherr und Ulen¬
spiegels Freund, und öffneten die Kist seinen verlassenen Schatz zu teilen. Als die
nun geöffnet ward, da ward anders nit funden dann Stein. Je einer sah den
andern an, und wurden zornig. Der Pfarrer meint nach dem der Rat die Kist
in Verwahrung gehabt hätt, sie hätten den Schatz heimlich daraus genummen, und
hätten die Kist wieder zugeschlagen. Der Rat meint die Freund hätten den Schatz
in seiner Krankheit genummen, und die Kist mit Steinen wieder bewahrt. Die Freund
meinten die Pfaffen hätten den Schatz heimlich hinweg getragen, als jedermann aus¬
ging da Ulenspiegel beichtet. Also schieden sie in Unwillen von einander. Da
wollt der Kirchherr, und der Rat Ulenspiegel wieder ausgraben lassen. Als sie nun
begunnten zu graben da was er gleich faul daß niemand bei ihm bleiben möcht
da machten sie das Grab wieder zu. Also blieb er liegen in seinem Grab und
ihm ward zu Gedächtniß ein Stein auf sein Grab gesetzt als man noch sieht.
Die XCV. Historie sagt wie Ulenspiegel begraben ward, dann er
wollt nit begraben werden von Geistlichen noch von Weltlichen, sunder
von Begynen*.
Bei Ulenspiegels Begräbnis ging es wunderlich zu wann als sie all Stunden
aus dem Kirchof umb den Totenbaum* da Ulenspiegel in lag, da legten sie ihn
auf die beiden Seil. und wollten ihn in das Grab senken da brach das Seil
enzwei das bei den Füßen was, und der Baum schoß in das Grab, daß Ulen¬
spiegel kummt auf die Füß zu stöhn in dem Stock. Da sprachen sie alle die
dabei stunden lassen ihn stöhn wann er ist wunderlich gewesen in seinem Leben,
wunderlich will er auch sein in seinem Tod. Also würfen sie das Grab zu und
ließen ihn also stöhn das ober also zu den Füßen recht auf, und setzen den
einen Stein oben aus das Grab, und hauen auf das Halbteil ein Eul, und einen
Spiegel, den die Eul in den Klauen hätt und schrieben oben an den Stein.
Diesen Stein soll niemand erhaben. Hie staht Ulenspiegel begraben. Anno
Domini M.CCC.L. Jahr.
5. Aus dem Volksbuch:
Historik von D. Johann Fausten, dem weitbeschreyten Zauberer und
Lchwartzknnstler (1587).
Historia von D. Johann Fausten, des weitbeschreiten Zauberers,
Geburt und Studiis.
Doctor Faustus ist eines Bauern Sohn gewest, zu Rod, bei Weimar
bürtig, der zu Wittenberg ein große Freundschaft gehabt, desgleichen seine Eltern
gottselige und christliche Leut, ja sein Vetter, der zu Wittenberg seßhaft, ein
Bürger und wohl vermögend gewest, welcher D. Fausten auferzogen, und gehalten
wie sein Kind, dann dieweil er ohne Erben war, nahm er diesen Faustum zu einem
Kind und Erben auf, ließ ihn auch in die Schul gehen, Theologiam zu studieren,
er aber ist von diesem gottseligen Fürnehmen abgetreten und Gottes Wort
mißbraucht. Derhalben wir solche Eltern und Freund, die gern
^de?Eltern"^ Es guts und das best gesehen hätten, wie solches alle fromme
Doct. Fausti. Eltern gern sehen, und darzu qualificiert seind, ohne Tadel sein
lassen, und sie in die Historiam nicht mischen sollen, so haben
auch seine Eltern dieses gottlosen Kindes Greuel nit erlebt noch gesehen. Denn
einnial gewiß, daß diese Eltern des D. Fausti (wie männiglich zu Wittenberg