Full text: Prosalesebuch für Obertertia und Untersekunda der Vollanstalten oder Klasse II und I der Realschulen (Teil 5, [Schülerband])

werden, wenn inan erst einmal Feuer bekommen und Blut gesehen 
hat. Aber ^ wird nicht von Hause aus der Elan und das Feuer 
dahinter sein wie in einem Kriege, wenn wir angegriffen werden. 
Dann wird das ganze Deutschland von der Memel bis zum Bodensee 
s wie eine Pulvermine ausbrennen und von Gewehren starren, und 
es wird kein Feind wagen, mit diesem furor teutonicus, der sich 
beim Angriff entwickelt, es aufzunehmen. Diese Überlegenheit dürfen 
wir uns nicht entgehen lassen, selbst wenn wir, was viele Militärs, 
nicht nur die unsrigen, annehmen, jetzt unseren künftigen Gegnern 
10 überlegen sind. Die unsrigen glauben das alle: natürlich, jeder 
Soldat glaubt das; er würde beinahe aufhören ein brauchbarer Soldat 
zu sein, wenn er nicht den Krieg wünschte und an seinen Sieg darin 
glaubte. Wenn unsere Gegner etwa vermuten, daß es die Furcht 
vor dem Ausgange ist, die uns friedfertig stimmt, dann irren sie sich 
15 ganz gewaltig. Wir glauben ebenso fest an unseren Sieg in gerechter 
Sache, wie irgend ein ausländischer Leutnant in seiner Garnison 
beim dritten Glase Champagner glauben kann, und wir vielleicht 
mit mehr Sicherheit. Also es ist nicht die Furcht, die uns friedfertig 
stimmt, sondern gerade das Bewußtsein unserer Stärke, das Bewußt- 
2o sein, auch dann, wenn wir in einem minder günstigen Augenblicke 
angegriffen werden, stark genug zu sein zur Abwehr und doch die 
Möglichkeit zu haben, der göttlichen Vorsehung es zu überlassen, ob 
sie nicht in der Zwischenzeit doch noch die Notwendigkeit eines Krieges 
aus dem Wege räumen wird. 
25 Ich bin also nicht für irgend welchen Angriffskrieg, und wenn 
der Krieg nur durch unseren Angriff entstehen könnte — Feuer muß 
von irgend jemand angelegt werden, wir werden es nicht anlegen — 
nun, weder das Bewußtsein unserer Stärke, wie ich es eben schilderte, 
noch das Vertrauen auf unsere Bündnisse wird uns abhalten, unsere 
so bisherigen Bestrebungen, den Frieden überhaupt zu unterhalten, mit 
dem bisherigen Eifer fortzusetzen. Wir lassen uns da durch keine 
Bestimmung leiten und durch keine Abneigung bestimmen. Es ist 
unzweifelhaft, daß die Drohungen und Beschimpfungen, die Heraus¬ 
forderungen, die an uns gerichtet worden sind, auch bei uns eine ganz 
35 erhebliche und berechtigte Erbitterung erregt haben, und das ist beim 
Deutschen recht schwer, denn er ist dem Nationalhaß an sich unzu¬ 
gänglicher als irgend eine andere Nation; wir sind aber bemüht, 
sie zu besänftigen, und wir wollen nach wie vor den Frieden mit 
unseren Nachbarn, namentlich aber mit Rußland suchen. Wenn ich 
4o sage: namentlich mit Rußland, so bin ich der Meinung, daß Frankreich
	        
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