Vorwort zur zweiten Äuüage.
e?>as Lesebuch für höhere Mädchenschulen, zu dessen Herausgabe die Unterzeichneten
sich vereinigt haben, besteht aus sechs Teilen. Die drei ersten Teile sind für das
zweite, dritte und vierte Schuljahr berechnet, der vierte Teil enthält den Lesestoff für
das fünfte und sechste, der fünfte für das siebente und achte, der sechste für das neunte
und zehnte Schuljahr. Dieser sechste Teil umfaßt zwei Bände, und zwar bietet Ab¬
teilung A eine Sammlung poetischer Stücke des achtzehnten und neunzehnten Jahr¬
hunderts für das neunte Schuljahr, während Abteilung 6 eine Reihe wertvoller
Lesestücke aus verschiedenen Perioden der deutschen Dichtung enthält, um sowohl in
den Fortbildungskursen wie in dem letzten Schuljahr der zehnstufigen Anstalt in die
Literaturkunde einzuführen. Der Aufbau des ganzen Werkes ist so eingerichtet, daß
mit dem fünften Teile, also im achten Schuljahre, ein gewisser Abschluß erreicht wird,
um den Bildungsbedürfnissen derjenigen Schülerinnen zu genügen, welche mit diesem
Schuljahre die Schule verlassen. — In Befolgung dieses Grundgedankens eignet sich
unser Werk in seinen fünf ersten Teilen zugleich auch für den Gebrauch in Bürger-
Mädchenschulen oder Mittelschulen.
Alle Teile unseres Lesebuches stehen auf dem Boden der „Bestimmungen über
das Mädchenschulwesen vom 31. Mai 1894."
Inhaltlich lehnt sich das Werk, soweit dies bei der Verschiedenheit der Ausgaben
möglich ist, an das im gleichen Verlag erschienene, viel gebrauchte und bewährte
Lesebuch für höhere Lehranstalten, begründet von Hopf und Paulsiek an, das der
eine von uns beiden, Rektor Muff, in seinen drei ersten Teilen neu bearbeitet und
im Anschluß an diese Erneuerung selbständig fortgesetzt hat.
Die Grundsätze für Auswahl und Gruppierung des Stoffes hat der andere
Herausgeber, Direktor Dammann, in seinem Unterrichtsplane „Die höhere Mädchen¬
schule" (Seite 258—269) ausführlich dargelegt.
Maßgebend sink» besonders folgende Punkte gewesen:
1. Das Lesebuch soll in seinen einzelnen Teilen der geistigen Entwicklungsstufe
der Schülerinnen entsprechen.
2. Es soll reich und deutsch in seinem Inhalt sein, also ein möglichst getreuer
Ausdruck des Geisteslebens unseres Volkes und deshalb in sorgsamer Auswahl namentlich
solche Stücke in gebundener und ungebundener Form bieten, welche sich auf das Vater¬
land, die Geschichte des deutschen Volkes und die deutsche Eigenart beziehen.
Es bringt daher in den Teilen für die Unter- und Mittelstufe die besten deutschen
Märchen, Sagen und Kinderlieber, gute Schilderungen des deutschen Landes und
Volkes und Charakterbilder deutscher Männer und Frauen.
In der Oberstufe werden unter andern vaterländischen Stoffen das Nibelungenlied
und die Gudrun auszugsweise in den trefflichen Übersetzungen von Kamp und Vogt
dargeboten und zwar den Maibestimmungen entsprechend im siebenten Schuljahre.
3. Das Lesebuch hat der Natur und Bestimmung der weiblichen Jugend sowie der
Forderung Rechnung zu tragen, daß in der Mädchenschule der deutschen Sprache eine