2. Illorgenlied.
ie Sterne sind erblichen
mit ihrem güldnen Schein
Bald ist die Nacht entwichen,
der Morgen dringt herein.
Noch waltet tiefes Schweigen
im Tal und überall;
auf frisch betauten Zweigen
singt nur die Nachtigall.
3.
2. Sie singet Lob und Ehre
dem hohen Herrn der lvelt,
der überm Land und Meere
die Hand des Segens hält.
(Er hat die Nacht vertrieben.
Ihr Nindlein, fürchtet nichts!
Stets kommt zu seinen Lieben
der Vater alles Lichts.
Heinrich Hoffniann von Fallersleben.
Warum ?
1.
Hamburg auf einem Platz standen einmal zwei Arbeiter; und wer
sie sah, dachte an des Herrn Wort: „Um die elfte Stunde aber
ging er aus und fand andre müßig stehen am Markte und sprach zu
ihnen: „Was steht ihr hier den ganzen Tag müßig?" Denn obgleich
5 der Glöckner schon auf dem Wege war, die Mittagsglocke zu ziehen,
so warteten sie doch noch immer auf den, der da kommen sollte'und
sagen: „Geht mit mir, ich will euch geben, was recht ist."
Und als um zwölf Uhr im Michaelisturm die große Glocke ge-
zogen wurde, nahm Karsten, der eine von den zweien, den Hllt ab
10 und betete ein Vaterunser, oder was er sonst in seinem Herzen redete.
Volland aber, der andre, ließ den Hut ans dem Kopse und sprach:
„Weiß nicht, warum ich mich bemühen soll, wenn die Alte da oben
summt und brummt. Wie leicht fällt ein Ziegel vom Dach und schlägt
mir ein Loch in den Kopf! Was gilt's, Vetter Klaus, es geht betncr
15 großen Nase einmal schlecht, wenn du beim Summen der Betglocke mit
entblößtem Scheitel da oben hinausschaust." Karsten aber antwortete
nur: „Will sehen, Vetter Ehrhard, will sehen."
Er hätte auch zu einer längeren Erwiderung nicht Zeit gehabt;
denn da er das gesagt, trat ein kleiner, alter Herr zu ihm und sprach:
20 „Gefällt's dir, so komm! Ich will dir Arbeit geben und bezahlen, was
recht ist." Karsten ging mit, und als das alte Herrlein unterwegs
zu ihm sagte: „Aber ich kann es nicht leiden, daß, die mein Brot
essen, fragen, warum?" antwortete er: „Euer Wille geschehe! Viel
Reden und viel Fragen ist das ganze Jahr meine Sache nicht." —
25 Also kamen sie, ohne ein Wort weiter zu verlieren, in die große Zucker¬
siederei vor dem Tor. Und als Karsten hinter dieser die großen Holz¬
stöße sah, wurde er ganz fröhlich in seinem Herzen und sprach bei