2. Die Mutter sprach: „Die Glocke tönt,
und so ist dir's befohlen,
und hast du dich nicht hingewöhnt,
sie kommt und wird dich holen."
3. Vas Kind, es denkt: Die Glocke hängt
da droben auf dem Stuhle.
Schon hat's den weg ins Feld gelenkt,
als lief' es aus der Schule.
4. Die Glocke, Glocke tönt nicht mehr,
die Mutter hat gefackelt.
Doch welch ein Schrecken hinterher!
Die Glocke kommt gewackelt.
5. Sie wackelt schnell, man glaubt es kaum,'
das arme Kind im Schrecken,
es lauft, es kommt als wie im Traum;
die Glocke wird es decken.
6. Doch nimmt es richtig seinen husch,
und mit gewandter Schnelle
eilt es durch Unger, Zeld und Dusch
zur Kirche, zur Kapelle.
7. Und jeden Sonn- und Feiertag
gedenkt es an den Schaden,
läßt durch den ersten Glockenschlag,
nicht in Person sich laden. Johann Wolfgang von Goethe.
10. Von einem kranken Kirnte.
Sn Berlin starb int Jahre 1873 Ernst von Willi ch, nicht
ganz dreizehn Jahre alt. Fünf Monate lag er krank und hatte
oft unsägliche Schmerzen auszustehen. Zuerst fürchtete er sich vor dem
Sterben, im weitern Verlaufe seiner Krankheit aber sprach er ganz
5 freudig und getrost davon. Wie er früher getan, tat er auch während
seiner Krankheit tlvch, daß er an festlichen Tagen des Hauses seine
Eltern durch kleine Gedichte überraschte unb erfreute. Erst nach seinem
Tode fanden seine Eltern in seiner Brieftasche folgendes Lied, das er
sich selbst zum Troste gedichtet hatte, und das dann viele andre, dar-
10 unter unsern geliebten Kaiser Friedrich III., schon wieder in ihrem
Leiden getröstet hat: