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Die Verfolgung des geschlagenen Feindes übernahm Gneisenau,
dem Blücher befohlen hatte, ..den letzten Hauch von Menfch und Pferd
zur Verfolgung aufzubieten". Es durfte Napoleon keine Zeit gelassen
werden, seine Truppen zu sammeln. In Genappe hatten sich diese hinter
Kanonen und umgeworfenen Wagen verschanzt, aber wenige Kanonenschüsse
reichten hin, um die Stadt zu nehmen. In Genappe weilte auch der
Kaiser, der in seinem Wagen eine Stunde Ruhe genießen wollte. Bei der
Erstürmung der Stadt kamen die Preußen hart an den Wagen Napoleons;
dieser floh so eilig aus dem Wagen, daß er seinen Degen zurückließ und
auch seinen Hut vom Kopfe verlor. Unter dem Schutze der Nacht entkam
er auf einem Pferde. So ging es durch die mondhelle Nacht fort bis
zum Anbruche des Tages. Gänzlich vernichtet, stürzten die Franzosen der
eigenen Grenze zu.
4 Napoleons Absetzung. Am Tage nach der Schlacht hatte Blücher
einem seiner Freunde geschrieben: „Ich denke, die bonapartische Geschichte
wird nun wohl zu Ende fem."1) Er hatte richtig vorhergesehen. Schneller
noch und schmählicher als der erste war der zweite Sturz des Welt-
eroberers. Nach der verlorenen Schlacht war er nach Paris geeilt, wo
ihm aber die verlangten neuen Forderungen nicht bewilligt wurden. Bereits
am 22. Juni entsagte er zu Blois der Krone zu Gunsten seines Sohnes.
Er selbst suchte über Rochefort nach Amerika zu entkommen, wurde aber
durch englische Kriegsschiffe daran gehindert, worauf er sich dem englischen
Admiral Hotham gefangen gab. Nach einem Beschlüsse der Verbündeten
ließen die Engländer ihn als Kriegsgefangenen mit einer kleinen Schar
treu gebliebener Freunde nach St. Helena führen. Hier beschloß er am
5. Mai 1821 sein tatenreiches Leben.
5. Der zweite Pariser Friede. Ohne großen Widerstand zu finden,
zogen die Truppen der Verbündeten unter Blücher und Wellington
am 7. Juli zum zweitenmal in Paris ein, wohin sie auch den König
Ludwig XVIII. zurückführten. Da man sich nicht zu beeilen brauchte, so
2°^Zv.kam der zweite Friede von Paris erst am 20. November 1815 zum
Abschluß. Er hätte die gerechteste Gelegenheit geboten, Elsaß und Lothringen
zurückzufordern, aber das im Jahre 1814 Versäumte wurde auch diesmal
wegen des Widerspruches von England und Rußland nicht nachgeholt. So
wurde Frankreich nur eine Kriegsschatzung von 700 Millionen Franken
auferlegt und eine zeitweilige Besatzung von 150000 Mann auf sieben
Jahre bestimmt. Diese Besatzung wurde jedoch schon 1818 aufgehoben.
x) Briefe Blüchers aus der Zeit der Freiheitskriege.