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Treppen wieder hinauf und überreichte mit freundlichem Danke ein
reiches Geldgeschenk.
5. Als der Kaiser einst an einer starken Erkältung litt, hatte sein
Leibarzt außer der lindernden Medizin noch einen Tee verschrieben,
welcher in der Nacht jeden Hustenreiz beschwichtigen sollte. Der
Kammerdiener war von ihm genau angewiesen, wieviel von dem
Getränke dem Patienten bei jedem neuen Hustenanfall gewärmt und
gereicht werden sollte. Als der Leibarzt seinen Morgenbesuch machte,
berichtete ihm schon im Vorzimmer der alte, treue Kammerdiener
voller Freude, Seine Majestät habe eine ruhige Nacht gehabt.
6. Befriedigt trat der Arzt in das Schlafzimmer des Kaisers.
Aber ein Blick auf die müden Züge desselben und ein zweiter auf die
leere Teekanne brachten ihm Zweifel, ob es mit der eben gehörten
Kunde auch seine Richtigkeit habe. Jedoch der Kaiser selbst beantwortete
die unausgesprochene Frage, indem er sagte: „Ich habe viel gehustet
und wenig geschlafen." Dem Blicke des Arztes folgend, fügte er
hinzu: „Ich habe mehrere Male den Tee genommen, aber ich mochte
nicht klingeln; der alte Mann muß doch auch seine Ruhe haben.
Darum habe ich den Trank allein auf der Spirituslampe gewärmt."
Aus Lohmeyer „Deutsche Jugend."
D. Der Winter.
I. Im Winter.
142. Der Winter.
Der Winter ist ein rechter Mann, kernfest und auf
die Dauer; sein Fleisch fühlt sich wie Bisen an,
er scheut nicht süß, noch sauer.