ÚÊo ÜÖ I f Ü Ü Ê ro r rra 183
jähriger Abwesenheit ihres Gemahls sich wieder verheiraten wolle.
Heinrich mußte dafür dem Teufel seine Seele geloben, wenn er ihn bei
seiner Rückkehr mit dem Löwen schlafend fände. Alsbald ergriff ihn der
Teufel, trug ihn auf den Giersberg vor Braunschweig und rief: „Nun
wache, Herr, ich kehre bald wieder!“ Der ermüdete Herzog schlief nun
wirklich bald ein. Als aber der Teufel den Löwen brachte, hielt das
treue Tier seinen geliebten Herrn für tot, und es erhob ein so furcht—
bares Geheul, daß der Herzog erwachte. Der böse Feind sah nun sein
Spiel verloren und warf den Löwen aus der Luft herab zu Boden, daß
es krachte. Der Löwe war aber unverletzt und folgte nun seinem Herrn
zur Hochzeit im Schlosse. Der Herzog bat hier als Pilger um einen
Trunk Wein und sandte der Herzogin in dem geleerten Becher seinen
Ring. Daran erkannte die Herzogin ihren totgeglaubten Gemahl und
hieß ihn voller Freude willkommen. Dem jungen Bräutigam aber wurde
ein schönes Fräulein angetraut. Als der Herzog nun er gestorben
war, folgte der treue Löwe trauernd der Leiche, und als man ihm den
Eingang zur Kirche verwehrte, kratzte er heulend an der Tür, bis man
ihn endlich einließ. Er legte sich auf seines Herrn Grab und wich nicht
davon, bis auch er verschied.
180. Aus der Jugendzeit des Herzogs Julius.
Nach Havemann.
Julius war der dritte Sohn des Herzogs Heinrich des Jüngern.
Als er noch ein zartes Kind war, lieb ihn seine Wärterin vom
Tische fallen. Hierdurch wurden seine Fübe so beschädigt, daß er
sich nicht ungezwungen bewegen konnte. Er verlebte eine freuden-
leere Jugend; denn sein Vater behandelte ihn, veil er so schwãchlich
war, als einen Verstobenen und ließ ihn sogar manchmal hungern.
Seine Schwestern aber nahmen sich seiner an und suchten ihm
Speise und Trank zuzustellen. Julius hat sogar zuweilen seine
Kleicer selbst flicken mũssen und konnte seines dũrftigen Anzuges
halber öfter nicht vor die Leute kommen. Da mochte dann dem
unglũcklichen Prinzen wohl nicht selten die Erage kommen, ob es
in der Ferne für ihn nicht besser sei als daheim. Eines Tages
schrieb ein treuer Diener in die Asche seines Kamins das Wort
„fliehel“ Rasch machte er sich nun heimlich auf und begab sich
zu dem Markgrafen von Brandenburg. Als der Herzog Heinrich
in einer Schlacht seine beiden alteren Söhne verlor, war Julius der
einzige Thronerbe. Noch immer aber grollte ihm sein Vater: doch