Full text: Deutsche Sprachschule

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daß ihm den Schlaf nicht störe das klingende Glas und der Kuckuck. 
Jetzo sah sie hinaus, wie die stöbernden Flocken am Fenster 
reselten, und wie der Ost dort wirbelte, dort in den Eschen 
rauscht und die Spuren verwehte der hüpfenden Krähen am Scheuntor. 
Lange mit ernstem Gesicht, ihr Haupt und die Hände bewegend, 
stand sie vertieft in Gedanken und flüsterte halb, was sie dachte: 
„Lieber Gott, wie es stürmt und der Schnee in den Gründen sich 
anhäuft! 
Armer, wer jetzt auf Reisen nd muß, ferne der Einkehr! 
Auch wer, Welb zu erwärmen und Kind, auswandert nach Reisholz, 
nris und oft zerlumpt! Kein Mensch wohl jagte bei solchem 
zeller den Hund aus der Tür, wer sonst hi Vieh's sich er⸗ 
armet! 
Dennoch kömmt mein Söhnchen, das Fest mit dem Vater zu feiern! 
Was er wollte, das wollt' er von Kind auf! Gar zu besonders 
wühlt mir das Herz! Und seht, wie die Katz' e Tritte des 
isches 
schnurrt und das Pfötchen leckt, u Bart und Nacken sich putzet! 
Das bedeutet ja Fremde nach aller Vernünftigen Urteill“ 
Sprach's und trat an den Spiegel, die festliche Haube zu ordnen, 
welche der Vater verschob, mit dem Kuß ausgleichend den Zwiespalt, 
denn er leerte das Glas auf die Enkelin, sie auf den Enkel. 
„Nicht ganz schäme sich meiner die Frau im modischen Kopfzeug!“ 
hachte sie leis im Herzen und lächelte selber der Torheit. 
Neben dem schlummernden Greis an der andern Ecke des Tisches 
dedte sie jeho ein Tuch von fein gemodeltem Drillich, 
stellete dann die Tassen mit zitternden Händen in Ordnung. 
Quch die blecherne Dos und darin großklumpigen Zucker 
trug sie hervor aus dem Schrank und scheuchte die sumsenden Fliegen, 
die ihr Mann mit der Klappe verschont zur Wintergesellschaft. 
Auch dem Gesims enthob sie ein paar Tonpfeifen mit Posen, 
100. grün und rot, und legte Tabak auf den zinnernen Teller. 
Als sie drinnen nunmehr den Empfang der Kinder bereitet, 
ging sie hinaus vorsichtig, damit nicht knarre der Drücker. 
Rus der Gesindestube darauf vom rummelnden Spulrad 
rief sie, die Tür halb öffnend, Marie, die geschäftige Hausmagd, 
welche gehaspeltes Garn von der Wind' abspulte zum Weben, 
hastigen Schwung's, von dem Weber gemahnt und eigenem Ehrgeiz. 
Heiser ertönte der Ruf, und gehemmt war plötzlich der Umschwung. 
Flink, lebendige Kohlen, Marie, aus dem Ofen gescharret, 
an die Platte der Wand, die den Lehnstuhl wärmet im Rücken, 
daß ich frisch (denn er schmeckt viel kräftiger) brenne den Kaffee. 
Heize mit Kien dann wieder und Torf und buchenem Stammholz 
oͤhne Geräusch, daß nicht von dem Schlaf erwache der Vater! 
Bringe das Feuer in Glut, dann schiebe den knorrigen Klotz nach, 
der in die Nacht fortglimme, dem leidigen Froste zur Abwehr. 
Siebzigjährige sind nicht Fröstlinge, wenn sie im Sommer 
gern an der Sonn ausruhn und am wärmenden Ofen im Winter 
Nuch für die Kinderchen wohl braucht's Wärme zum 
uftaun.“ 
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