Full text: (Für das zweite Schuljahr) (Band 1, [Schülerband])

Güll. Keil. Caspari. Reinick. 
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45. Grü-erchen und Schwesterchen. 
Brüderchen und Schwesterchen waren einmal allein zu Hause. 
Da sagte das Brüderchen: „Die Mutter ist fort, wir wollen uns was 
zu essen suchen und es uns gut schmecken lassen!" Schwesterchen sprach: 
„Wenn's niemand sieht, so will ich wohl mithalten." 
„Komm mit in die Speisekammer," sagte das Brüderchen, „dort 
steht die Milchschüssel, von der wollen wir den süßen Rahm abessen!" 
Schwesterchen sprach: „Mitnichten, dort sieht's der Nachbar, der hinter 
dem Fenster Holz spaltet." — „So komm mit in die Küche," spricht 
das Brüderchen, „im Küchenschrank steht der Mutter Honigtops!" 
Schwesterchen sprach: „Mit nichten. da sieht's die Nachbarin, die an ihrem 
Fenster sitzt und spinnt." — „So komm mit in den Keller," spricht das 
Brüderchen, „dort essen wir Äpfel, und es ist stockfinster!" Schwesterchen 
sprach: „Mit nichten, dort sieht's der liebe Gott, der sitzt im Himmel und 
schaut überall hin und sieht auch im Dunkeln." Da erschrak das Brüder¬ 
chen, fürchtete sich und sprach: „Wenn das ist, so wollen wir lieber gar 
nichts essen." Heinrich Caspari. 
46. Lied vom feinen Mädchen. 
Ich bin ein feines Mädchen, 
Kann drehen das Rädchen, 
Kann stricken die Maschen 
Und flicken die Taschen, 
Kann nädeln und putzen 
Und fädeln und stutzen, 
Kann singen und springen 
Und braten und kochen 
Das Fleisch und die Knochen. 
Robert Reinick. 
47. Das Ängebinde. 
Als der Geburtstag des Vaters herbeikam, sammelten die drei 
jüngsten Kinder Blumen, die allerschönsten, und flochten sie, ohne daß es 
Vater sah, zum schönen Kranz und konnten die ganze Nacht 
kein Auge zuthun. ^ 
Und als der Tag erwachte, gingen sie alle drei in des Vaters 
Kämmerlein mit bloßen Füßen, daß es der Vater nicht höre. und 
lrugen den Blumenkranz alle drei und legten ihn auf des Vaters Belt 
lMnz leise, damit es der Vater nicht merke. Der Vater merkte es wohl, 
aber er that, als ob er schliefe. 
Und als es Morgen war, da kam der Vater und hatte den schönen 
Blumenkranz und sagte: „Wo sind die Engelein, die mich bekränzt
	        
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