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IV Vorwort.
stellungen, welche hauptsächlich zur Belebung Deutscher Geschichtskunde dienen sollen,
schließen sich an das historische Pensum der Tertia an. Als Stilproben aber
sollen die gebotenen geschichtlichen Bilder ebenso wie alle folgenden prosaischen
Abschnitte dem Schüler angemessene Stoffe und Muster für die wichtigsten Arten
mündlicher und schriftlicher Darstellung an die Hand geben. Was den drei
letzten prosaischen Hauptabschnitten an Reichhaltigkeit etwa gebricht, wird sich
durch zweckmäßige Ausbeutung des poetischen Theils und durch einen belebenden
stilistischen Unterricht ersetzen lassen.
Damit die Berechtigung der in neuester Zeit öfter gestellten Forde¬
rung, das Lesebuch solle auch einige der Nachahmung des Schülers erreichbare
Muster für schriftliche Arbeiten darbieten, an einem Beispiele praktisch gemessen
werden könne, ist einer nach G. Baur bearbeiteten Probe einer leichteren Ab¬
handlung (S. den Artikel „Fußreisen" in K. A. Schmids Encyclopädie des Er-
ziehungs- und Unterrichtswesens. Gotha, 1860) eine Stelle in der Sammlung
vergönnt worden. Freilich ist jenes Verlangen schwerlich mit dem vorzugsweise
zu hütenden Grundsätze, daß klassische Gediegenheit die Auswahl bedingen müsse,
in Einklang zu bringen; denn welcher Klassiker hätte sich in einer Anwandlung
von pädagogischer Laune nicht bloß zum Verständniß, sondern auch zu der —
selbst zur Correctheit erhobenen — Anschauungs- und Ausdrucksweise von Kna¬
ben und Jünglingen herabgelassen? Das gelingt nur der Aufopferung eines
Lehrers, der seinen Schülern für eine einzelne Leistung in eigener Bearbeitung
der Aufgabe einen Spiegel vorhält, oder etwa der väterlichen Liebe eines dem
vierjährigen Sohne von Griechischen Heroen erzählenden Niebuhr oder irgend
einer andern geschickten Hand eines Jugendschriftstellers. Außerdem scheint es
lohnender, Stoffe, welche zu mündlichen und schriftlichen Betrachtungen und
Bearbeitungen aller Art anregen, im Lesebuche herbeizuschaffen, als durch
schon fertige dem Schüler in die Hände gespielte Proben das Gebiet des heu¬
ristischen Unterrichts zu schmälern.
Dagegen ist der Anspruch, das Lesebuch solle Stoffe zu Dispositionsübungen,
namentlich zum Auffinden wohlgeordneter Gedankenreihen, in den Lesestücken ent¬
halten, im vollsten Maße gewürdigt worden, nur nicht in dem Sinne, als müsse
er bei der Auswahl einzelner Stücke in besonderer, handgreiflicher Weise zur Gel¬
tung kommen, da ja überhaupt logische Gruppierung des Inhalts eine der er¬
sten Bedingungen der Mustergültigkeit ist. Hoffentlich aber werden sich an nicht
wenigen Stücken dieser Sammlnng — der zarte Charakter der Poesie wird es
bei manchen verbieten — die Grundsätze einer richtigen Anordnung und Verbin¬
dung der Gedanken mit Erfolg praktisch entwickeln lassen; bei einigen ist durch
scharfe Gliederung des Stoffes vermittelst der Anlage der Absätze dem Bedürf¬
niß des Anfängers in logischen Uebungen besonders Vorschub geleistet.
Die Rechtschreibung einzelner Wörter ist nach den in dem Vorwort und
dem Anhang zur 5. Auflage des 1. Theils aufgestellten Regeln geändert worden,
welche im Interesse der Sache hier nochmals kurz ausgesprochen werden mögen:
1) Die Schreibweise der bereits allgemein schwankend gewordenen
Wörter ist nach den Grundsätzen der historischen Schreibung, wie sie durch das
Wörterbuch von I. und W. Grimm vertreten wird, zu bestimmen; 2) die
Schreibung aller eingebürgerten Fremdwörter ist nach Deutschen Laut¬
gesetzen zu regeln.
Magdeburg.
K. Paulsiek.