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machte diesen allerdings das Zugeständnis, dass „der Geist¬
lichen eigen Ritterschaft, Stat und Communen“, die zur Zeit
schon länger der „Augsburger Confession Religion“ anhängig
gewesen seien und öffentlichen Gottesdienst und feste Ordnung
besässen, „von derselbigen ihrer Religion, Glauben, Kirchen¬
gebräuchen und Zerimonien hiefür durch jemand nicht ge¬
drungen, sondern dabei unvergewaltigt gelassen werden sollen“;
aber diese „Ferdinandeische Deklaration“ (ursprünglich
„Assekuration“) wurde auch nicht in die Urkunde aufgenommen
und ebensowenig dem Reichskammergericht mitgeteilt. Da sie
einen Tag vor dem Abschluss des Religionsfriedens erteilt wurde,
andererseits dieser eine alle Abweichungen ausschliessende Be¬
stimmung enthielt, konnte schon deshalb ihre Rechtskraft be¬
stritten werden. Eine weitere Einschränkung des ius
reformandi zu Ungunsten der Protestanten enthielt die Be¬
stimmung, dass „in den Reichsstädten, in welchen bisher beide
Religionen im Gebrauch gewesen sind, sie bleiben und kein Teil
des andern Religion abthun solle“ (bleibende Folge des Interim).
In betreff der eingezogenen Kirchengüter wurde bestimmt,
dass reichsmittelbare, „dero Possession die Geistlichen zur
Zeit des Passauischen Vertrags (d. h. 2. August 1552)
oder seithero nit gehabt, in diesen Friedstand mit inbegriffen
und eingezogen sein“.
Der paritätische Charakter, den das Reich durch diesen
Religionsfrieden erhielt, kam auch dadurch zum Ausdruck, dass
den augsburgischen Konfessionsverwandten die Zulassung zum
Reichskammergericht gewährleistet wurde. Man verabredete, un¬
beschadet der „unbedingten“ und „ewigen“ Gültigkeit und
Unverbrüchlichkeit des Friedens, den Versuch einer Religions¬
vergleichung wieder aufzunehmen. Aber nachdem das Re¬
ligionsgespräch in Worms 1557, schon wegen der dogmatischen
Uneinigkeit der Protestanten selbst, bald abgebrochen worden
war, kam man nicht mehr darauf zurück. Die Päpste haben
! den Religionsfrieden, der dem seitherigen Verhältnis zwischen
Imperium und Sacerdotium und dem universalen Rechtsanspruch
der katholischen Kirche zuwiderlief, nie formell anerkannt.
Karls Ausgang. Krieg Spaniens (und Englands) mit
Frankreich 1556—59. Karl war frühzeitig gealtert und schon
längst schwer leidend, durch den Gang der deutschen Dinge und
die endgültige Teilung der habsburgischen Besitzungen war sein
zäh festgehaltenes Ziel einer universalen Herrschaft und der
Wiederaufrichtung der kirchlichen Einheit gescheitert, jedoch
[ war Spanien der mächtigste Staat der christlichen Welt. Seinem
I Sohne Philipp übertrug er Anfang 1555 Neapel, 25.0k-
Lehrbuch d. Weltgeschichte. Neue Zeit. 6