824
’Opgptxa — Osiris.
den Hades hinab, um die Geliebte wiederzuholen,
mtb rührte durch seinen Gesang nnd sein Saiten¬
spiel die Königin der Schatten so sehr, daß sie
ber Eurydike gestattete, dem Gemahl zur Ober¬
welt zu folgen, unter der Bedingung, daß er
nicht eher sich nach ihr umsehe, als bis sie die
Oberwelt erreicht hätten. Aber O. sah sich vor¬
eilig um, und Euridike mußte zur Unterwelt
zurückwandern. Verg. G. 4, 454 ff. Ov. met.
10, 1 ff. Er soll auch die Argonauten begleitet
unb durch seinen Gesang mannigfache Wunder
zum Heil seiner Genossen gethan haben. Seinen
Tod sand er durch thrakische Weiber, die ihn zer¬
rissen, weil er sich der Feier der Orgien wider¬
setzte, ober weil er nach Verlust seiner Gattin
alle Frauen haßte. Sein Haupt unb seine Leier-
warfen sie ins Meer; sie schwammen nach der
Sängerinsel Lesbos hinüber. Sein Grab sollte
in Pierien sein oder in Libethra in Makedonien.
Homer erwähnt den O. nicht, obgleich er den
filtert thrakischen Sänger Thamyris kennt (Hom.
11. 2, 595.). O. ist eine ähnliche Gestalt wie
Lin05 (s- d.). Wie dieser war er ursprünglich
ein zerrissener, früh bem Tobe verfallener schöner
Jüngling, bessert Tod beklagt warb; ber in Ge¬
sängen beklagte warb bann selbst in ber Bor¬
stellung bcr Menschen ein berühmter Sänger. —-
In späterer Zeit, besonders seit Peisistratos, bil-
bete man O. zu einem Sühn- ltub Weihepriester
um, so baß mau diesen O. ganz von dem Sänger
trennte. Er galt als das Haupt und der uralte
Stifter einer seit etwa 600 v. C. entstandenen
mystischen Sccte, ber Orphiker (vgl. My steria,
4. 6.), bereu Mittelpunct ber mystische Cult bes
Dionysos-Zagreus war, unb bie eine eigenthüm¬
liche speeulative Theologie und eilte auf asketischen
Satzungen bcrithenbe Lebensweise (ßio$ ’Opytzös)
ausbildeten. Ihre Lehre ist gegen bie homerische
Theologie überhaupt unb gegen bie homerische
Vorstellung von bcm Zustande ber Seele nach
dem Tode besonders gerichtet. Es macht sich eine
paiithcistischc Auffassung geltend, bie an dem der
Volksreligion eingepflanzten Monotheismus zehrt
(i. Mgelsbach, nachhom. Theol. S. 402 f.). Diese
^ecte schrieb bem O. eine Menge von Sühuge-
l>milchen unb Weihungen (Eutsündigung unb Hei¬
ligung war bas Ziel dieser Mysterien), allerlei
mystische Schriften, Orakel u. bgl. zu, welche in
iljrer Mitte, zum Theil sehr spät, entstauben
waren. Von diesem O. sagt Aristoteles, baß er
nicht existirt habe. Gic. n. d. l, 38. — Abbil¬
dung: Eurydike, von Orpheus aus ber Unterwelt
heraufgeholt, wird, ba biefer sich auf bem Wege
umgeschaut, von Hermes wieber hinabgeführt;
Relief in bcr'Villa Albaui zu Rom.
Orphica, verschiedene, fälschlich des
Orpheus Namen tragende Gebichte, bie von ber
Kritik in ein spätes Zeitalter verwiesen sittb
unb sämmtlich aus nachchristlicher Zeit stammen:
1) ’slQyovavTi-Ktx, ein episches Gebicht von 1384
Hexametern über die Argonautensahrt, nach G.
Hermann unb F. Jacobs zwischen dem 2. und 4.
Jahrh. ii. E. entstanden und von sehr mittelmä¬
ßigem Werth; 2) v[ivol (tsXsxul), 87 an Zahl,
nach Lübeck aus dem byzantinischen Zeitalter,
vielleicht auch von verschiedenen Verfassern, dürf¬
tig in ihrer Form und ohne innern Gehalt; 3)
.h-O'ixa, Gedicht von der magischen Kraft der
Steine, nach Tyrwhitt aus der Kaiserzeit des
Konstantins und Valens, zeigt Geschmack und for¬
male Gewandtheit. Ausgg. von Eschenbach (1089),
Gesner (1764), G. Hermann (1805); der ’AQyo-
vcivTiy.u von Schneider (180:3), der Al&ihdc von
Tyrwhitt (1781). Vgl. Lobeck, Aglaophamus (2
Bdd. 1829).
Orsilöclios s. Diokles, 1.
Orthagoras, ’Op'S’aydpors, ein Sikyonier von
geringer Herkunft, der sich um 670 v. E. an der
Spitze des Volks zum Tyrannen von Sikyon er¬
hob, die Herrschast durch Mäßigung unb Klug¬
heit behauptete und aus seine Nachkommen ver¬
erbte. Arist. pol. 5, 9.
Ortliia, oq&lu, s. Artemis.
Ortliros s. Herakles, 9.
Ortöiia, ’Öqtcov , 1) Hafenstadt der Frentauer
in Mittelitalien, noch j. Ortona a Mare. Strab.
5, 242. — 2) Stadt der Aequer in Latium, viell.
j. Oritola. Li v. 2, 43. 3, 30.
Ortygia s. Delos, Ephesos, Syracusae.
Oytvyoxoxia, OQrvyofiavia, OQrvyo&riQai,
OQzvyoTQoepoL s. ’AXsyiTQVovcov dycovsg-
_ Orxines, ’ÜQ^irr/g, ein persischer Feldherr und
Verwandter der königlichen Familie, kämpfte
gegen Alexander in der Schlacht bei Gaugaincla
und bemächtigte sich während dessen Abwesenheit
in Indien der Satrapie von Persis, wurde aber
von tretn Könige nach seiner Rückkehr, so sehr sich
Orxines auch bemühte, ihn zu gewinnen, mit
dem Tode bestraft. Gurt. 10, 1. Arr. 6, 30.
Oska, ’Öffxa, bedeutende Stadt der Jlcrgctcu
im tarracoueusischeu Hispanieii; j. Htteska in Ärra-
goniett. riut. Sert. 14. S'trab. 3, 161. Caes.
b. c. 1, 60.
’S>0%o<p6()ia, bakchisches Erntefest, am 7.
Pyanepsion (CDct.—9iot>.) zu Athen gefeiert. Flut.
Thes. 22. 23. Weittranfeu mit Trauben wurden
von auserlesenen 20 Ephebeu aller Stämme (2
aus jedem Stamme) im Wettlmife aus bem Tem¬
pel des Dionysos in Limimi in beit ber Athene
Skiras im Phalcron gebracht. Die 10 Sieger
erhielten jeber eine Schale mit einem aus beit 5
hauptsächlichsten Jahreoproducteu (Wein, Honig,
Käse, Mehl, Ocl) gemischten Getränke (mvxix-
nlon) als Preis unb einen Ehrenplatz in der nun
folgenden Proeessiou. Der Festzug (einem singen¬
den Ehor gingen 2 Jünglinge in Weiberkleiduug
voran) ging von dem Oschophorion, einem Platze
vor dem Tempel der Athene, nach dem des Dio¬
nysos, wo die Phytaliben ein Opfer brachten.
Den Beschluß machte ein Opferschmaus. Die
Athener setzten bieses Fest in Beziehung zu bcm
Zuge bes Tyeseus nach Kreta. Vgl. A. Moiitin-
seu, Heortologie S. 271 ff.
Osci s. Italia, 7.
0seines s. Divinatio, 19.
^ Osi wird von Taeitus {Germ. 28. 43.) eine
Völkerschaft Germaniens genannt, in einem wal¬
digen Gebirgslaude hinter bett Quadern wohnend,
denen sie tributpflichtig waren: sie hatten pau-
nouische Sprache und Sitten. Sie wohnten
wahrscheinlich zwischen den oberen Läusen der
Oder und der Weichsel.
Osiris, ’ÜGLQig, eilt ägyptischer Gott, ber nebst
Isis am allgemeinsten im ganzen Laube verehrt
ward. ]Ldt. 2, 42. Mit Isis steht er im engsten
Zusammenhange; am gewöhnlichsten betrachtete