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Naturschilderungen und Beschreibungen.
besitzt, und der seine eingeschlossenen Schlacken nun alle von sich gegeben und
in einem Fnnkenregen versprüht hat.
Man verwendet zum Schmieden, wie auch zum Biegen und Richten
größerer Eisenteile mit demselben Erfolge ungeheure Pressen, die in der That
in ihren Wirkungen jeder Vorstellung spotten. Der Druck der an lmd für
sich schon gewaltigen Eisenmassen dieser Pressen wird erhöht durch Dampf¬
oder Wasserdruck. So wirken einige davon mit einen: Druck bis zu 5000
Tonnen, üben also eine Wirkung aus, als wenn eine Last von 100 000 Zentnern
oder von 10 Millionen Pfund ans der zu biegenden Stahlplatte ruhte.
Dank der liebenswürdigen, von einem fachmännisch gebildeten Herrn
geleiteten Führung gelangen wir ans der Weiterwandernng in den größten
der Schmelzbaue, als eben ein großer Guß bevorsteht. Der große Raum,
dessen Hallen an Ausdehnung die eines Domes übertreffen würden, beherbergt
nicht weniger als 68 Generatorfener, 2 Kupolöfen, 17 Tiegel-Schmelzöfen
und 16 Glühöfen. Die Stahlmasse, die des Gusses harrt, befindet sich in
zahlreichen kleineren Tiegeln, die mit Hülfe großer Zangen von zwei Arbeitern
fortgeschleppt werden können. Diese Thon-Grnphit-Tiegel sind erst in so¬
genannten Vorwärmöfen etwa 12 Stunden lang erhitzt und darauf in den
eigentlichen Schmelzöfen ungefähr 5 Stunden lang in Weißglut gehalten
worden. Die flüssige Stahlmasse, die sie enthalten, erreicht dabei fast 2000
Grad Celsius.
Nun ist der erwartungsvoll begrüßte Augenblick gekommen. Die bereit¬
stehende Arbeiterschar, — oft mehr als 100 Mann, — setzt sich in Bewegung.
An einer ganzen Reihe von Schmelzöfen beginnt diese gleichzeitig, aber alles
ordnet sich wieder einem großen Zwecke unter. An den einzelnen Öfen wird
die Thür, die den Einlaß verschloß, emporgehoben, und versengende Glut
strahlt aus dem geöffneten Ofen uns entgegen. Jetzt greifen die Arbeiter,
die blaue Schutzbrillen tragen, vermittelst einer riesigen Zange in den Ofen
hinein und holen einen der dort aufgestellten Tiegel heraus. Zwei andere
Arbeiter fassen den weißglühenden Behälter mit einem anderen, fast gleich
langen scheren- oder zangenartigen Instrument von beiden Seiten, lassen ihn
an einem schnell kreisenden Apparate von Qnarzsand des Ofens reinigen
und schreiten damit der Formgrnbe zu, in die sie das Metall aus dem
umgestürzten Tiegel fließen lassen, worauf sie das entleerte Gefäß beiseite
schleudern. Schnell wenden sie sich jetzt zurück, um einen neuen Tiegel vom
Ofen her herbeizuschleppen.
Während dieses Gusses — es handelt sich gerade um ein größeres
Objekt — bietet sich uns ein packendes Bild rührigen und umsichtigen
Schaffens. Alles geht mit einer Sicherheit und Übung von statten, daß es
unser höchstes Erstaunen erregt. Treten wir etwas zurück, so erscheint das
Ganze fast wie ein zauberhafter Fackelzug. Die vielen herumgetragenen
Tiegel glühen in hellstem Lichte, die Schar der Arbeiter in ihren rußigen