Zweiter Zeitraum.
Wiederherstellung, Ausbau und Zerfall
des Westreichs in der Form des römischen
Kaisertums und Universalismus.
3. Kapitel,
Die Schöpfung Karls des Grohen und ihr
Niedergang.
§ 13. Der germanische Gesamtstaat und die erste Erneuerung des
Weströmischen Kaisertums.
1. Karls germanische Politik. Auch Pippin hatte nach fränkischem Karl b. ©r.
Rechte das Reich zwischen seine Söhne K a r l und K a r l m a n n geteilt, 768~8U-
freilich ohne die Idee der Einheit aufzugeben. Doch wäre sie bei
dem seit der Jugendzeit zwischen den Brüdern bestehenden Hader
schlecht gewahrt gewesen, wenn nicht Karlmanns früher Tod (771) dem
älteren Karl die Alleinherrschaft gegeben hätte.
Das erste große Ziel, das sich Karl steckte, war von entscheidender Die Sachsenwege
Bedeutung für die Entstehung eines späteren deutschen Reiches, indem 772 6,8 um 800,
er den großen und tüchtigen Stamm der Sachsen dem Frankenreiche
anzugliedern beschloß.
Die Sachsen, die östlichen Nachbarn der Rheinfranken, zerfielen in die
vier Hauptstämme der Westfalen, der Engern (zu beiden Seiten der
Weser), der Osts alen (bis zur Elbe und Saale) und der Nordalbin-
gier (zwischen Unterelbe und Eider). Ohne gemeinsames Oberhaupt,
waren sie nach altgermanischer Weise in Gaue zersplittert; doch kannten
sie den Eigenbesitz und besaßen einen reichen Grundadel. Das Christentum
war nur in die westlichen Grenzgaue eingedrungen, soweit sie vorüber-
gehend von den Franken tributpflichtig gemacht waren.
Der Hauptgrund zu der umfassenden Unternehmung Karls gegen
die Sachsen war die Unsicherheit der Grenzen; auf gelegentliche
Unterwerfung folgten immer wieder neue Erhebungen, die zugleich
auch eine dauernde Bedrohung der christlichen Gründungen
bedeuteten. Vielleicht schwebte dem genialen Fürsten auch damals schon
Schenl-Koch, Lehrbuch d. Geschichte, VIII. 2. 3(ufl. 4