Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberstufe mehrklassiger Schulen

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die Kirche gegangen sei. Tief unter dem Dorfe auf der Ebene ist ein 
dichter, großer Wald, in welchem ein paar alte, ganz mit Moos überzogene 
Eichen stehen; von ihnen geht die Sage unter den Landleutcn, daß sie aus 
den glanzvollen Zeiten des Hohcnstaufischen Geschlechtes die einzigen' noch 
lebenden Überreste seien. o. Schulz. 
200. Das treue deutsche Herz. 
Ich kenn' ein' hellen Edelstein 
Bon köstlich hoher Art, 
In einem stillen Kämmerlein, 
Da liegt er gut verwahrt; 
Kein Demant ist, der diesem gleicht, 
So weit der liebe Himmel reicht; 
Die Menschenbrust ist's Kämnierlcin, 
Da legte Gott so tief hinein 
Den schönen hellen Edelstein, 
Das treue, das treue deutsche Herz. 
Für Pflicht und Recht, für Wahrheit, 
Ehr' 
Flammt heiß es allezeit; 
Boll Kraft und Muth schlägt's hoch 
und hehr, 
Für Tugend, Frömmigkeit. 
Richt schrecket cs der Menschenspott, 
Es traut allein dem lieben Gott, 
Der ganze Himmel klar und rein, 
Er spiegelt sich im Sonnenschein 
Im schönen hellen Edelstein, 
Im treuen deutschen Herz. 
Wohl weiß ich noch ein gutes Wort, 
Für das es heiß entbrannt, 
Das ist sein höchster heil'ger Hort, 
Das theure Vaterland; 
Treu hängt's an ihm, verräth es nicht, 
Selbst wenn's in Todesschmerzen bricht, 
Kein schön'rer Tod auch kann es sein, 
Als froh dem Vaterland zu weih'n 
Den schönen Hellen Edelstein, 
Das treue, deutsche Herz. ' 
Nimm, Gott, mir alles, was ich hab', 
Ich geb' es freudig hin, 
Nur laß mir deine schönste Gab', 
Den treuen deutschen Sinn; 
Dann bin. ich hoch beglückt und reich, 
Kein Fürst auf Erden kommt mir gleich. 
Und soll mein Leib begraben sein, 
Dann setz' in deinen Himmel ein 
Den schönen hellen Edelstein, 
Das treue deutsche Herz. 
201. Hohenzoüern. 
Zwei Bergkcgcl treten ans der langen Bergkette der schwäbischen Alp 
weithin sichtbar hervor: am östlichen Ende der hohe Staufen, am west¬ 
lichen Ende die Bnrg Hohenzollern, der uralte Stammsitz des erlauchten 
Geschlechts, aus dem die Könige von Preußen abstammen, dem der jetzige 
deutsche Kaiser angehört. 
Wenn ihr von Norden her nach dem kleinen Städtchen Hechingen 
kommt, so seht ihr eine halbe Meile jenseit der Stadt die Ruinen der alten 
Bergfeste auf einem freistehenden Bergkegel, der eine Höhe von mindestens 
260 bis 270 Meter hat. Zu der Spitze des Berges führt nur ein ,einziger 
durch Brücken verbundener Zugang, den ehemals an neun verschiedenen 
Absätzen eben so viele mit Eisen beschlagene Thore verwahrten. 
Seit dem Jahre 1823, wo Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen, 
damals noch Kronprinz, die alte Burg seiner Ahnen besuchte, hat man die 
Gebäude wieder in wohnlichen Stand gesetzt, und seit jener Zeit erhebt 
sich aus dem Gemäuer ein hoher Turm, der eine weite Aussicht über Berge, 
Thäler und Ebenen eröffnet. Gegen Westen, Norden und Nordwesten liegt 
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