Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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sich noch gefallen; aber eine Nacht, die ebenso lang ist, würden wir kaum 
ertragen können. Glücklicherweise wird die Mondnacht durch den Erdschein 
erhellt. Wenn wir auf dem Monde Nacht haben, so stehen wir zwischen 
Sonne und Erde und sehen die Erde aufs prachtvollste im Sonnenlichte 
glänzen. Die Erdscheibe ist, von hier gesehen, so groß, daß sie 14 mal 
größer erscheint als der Mond auf Erden. Dabei dreht sich die Erde in 
einer Mondnacht 14 mal in der Runde. Wir sehen sie also von hier als 
ein mächtiges, milde leuchtendes Gestirn, das weit prächtiger aussieht als die 
Sonne. Dies Gestirn, das die Nächte des Mondes erhellt, bietet beim Um— 
drehen auch alle Abwechselungen, die die Erdkugel in ihrer Verschiedenheit 
an Land und Wasser zeigt. 
Richten wir einmal vom Mond aus ein Fernrohr auf die Erde! Nach 
sorgsamer Beobachtung gelingt es uns, bei einer 1200maligen Vergrößerung 
zu sehen, daß Paris, London, Berlin und Petersburg noch auf dem alten 
Flecke stehen. Auch Städte mittlerer Größe sind zu erkennen. Einen präch⸗ 
tigen Anblick gewährt es uns, die Pole der Erde im Winterschnee, die 
Aquatorgegenden in Sonnenglut leuchtend zu finden. Wenn sich die Erde 
dreht und Europa für uns unsichtbar wird, so sehen wir von hier aus das 
Festland von Amerika vor uns. Neuyork ist nicht minder klar zu erkennen 
als die größten Städte Guropas. Der Mississippi sieht ganz prachtvoll aus. 
Die Erde dreht sich weiter, und wir erblicken auch Kalifornien. Dann be— 
sehen wir uns den Stillen Ozean, bis das Festland von Asien sichtbar wird, 
dem die neueste Welt Australien wie „ein Tropfen am Eimer“ anhängt. 
China, Indien und das ungeheuer große Rußland fällt uns ins Auge. Ein 
Seitenblick zeigt uns Afrika wieder, bis wir endlich den Punkt auch vor 
uns sehen, wo wir abgereist sind. 
Dies mahnt uns, unsere Rückreise auf die Erde anzutreten. Da wir 
in Gedanken reisen, und da wir unterwegs nirgends Station machen, so 
langen wir sehr schnell wieder auf unserm Planeten an. Bei der Erinne— 
rung an all das Große und Herrliche, das wir gesehen haben — wie winzig 
und klein kommen wir uns vor! Und doch erfüllt es uns mit stolzer Freude, 
daß es dem menschlichen Geiste möglich ist, in die ungeahnten Fernen des 
Weltenraumes vorzudringen und die unermeßlichen Wunder der Schöpfung 
zu erforschen. A. Bernstein (Naturwissenschaftl. Volksb.) 
Druck von B. G. Teubner in Leipzig.
	        
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