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242. Wiuters Flucht.
ganz zerbrochen an der Sonne seine Knochen, weil zu Wasser
er zerronnen an dem Glanz der goldnen Sonnen. Kommt der
Storch dazu geflogen und die Schwalbe hergezogen, fragen
nach dem toten Mann: — niemand von ihm sagen kann.
Wälzt der Storch mit seinem Bein an den Zaun hin einen
Stein, und die Schwalbe mit dem Schnabel schreibt darauf
die ganze Fabel:
Hier liegt einer, der im Leben weiter keinen Taug ge—
geben, der sich faul und sehr verstockt lebenslang daher ge⸗
hockt; und damit er doch nicht länger bleiben soll ein Müßig—
gänger und ein Griesgram und ein Hasser, schmolz der
Frühling ihn zu Wasser. Und damit will er begießen all
die Blumen auf den Wiesen, daß sie weiß und gelb und
grün euch zur Lust und Freude blühn.
242. Rinlters Ilucht.
Hoffmann von Fallersleben.
Dem Winter ward der Tag zu lang,
ihn schreckt der Vögel Lustgesang;
er horcht und hört's mit Gram und Neid,
und was er sieht, das weckt ihm Leid.
Er flieht der Sonne milden Schein,
sein eigner Schatten macht ihm Pein.
Er wandelt über grüne Saat
und Gras und Keime früh und spat:
Wo ist mein silberweißes Kleid,
mein Hut, mit Demantstaub bestreut?
Er schämt sich wie ein Bettelmann
und läuft, was er nur laufen kann.
Und hintendrein scherzt jung und alt
in Luft und Wasser, Feld und Wald;
der Kiebitz schreit, die Biene summt,
der Kuckuck ruft, der Käfer brummt;
doch weil's noch fehlt an Spott und Hohn,
so quakt der Frosch vor Ostern schon.