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den ganzen Tag müßig?“ Sie sprachen zu ihm: „Es hat uns niemand gedinget.“
Denn obgleich der Mesner schon auf dem Wege war, die Mittagsglocke zu
ziehen, so warteten sie doch noch immer auf den, der da kommen sollte und
sagen: „Gehet mit mir, ich will euch geben, was recht ist.“ Und als um zwölf
Uhr im Michaelisturme die große Glocke gezogen wurde, zog Karsten, der eine von
den zween, den Hut ab und betete ein Vaterunser, oder was er sonst in seinem
Herzen redete. Denn seine Lippen regten sich, aber seine Stimme hörte man
nicht. Volland aber, der andere, ließ den Hut auf dem Kopfe und sprach: „Weiß
nicht, warum ich mich bemühen soll, wenn die Alte da oben summt und brummt.
Wie leicht fällt ein Ziegel vom Dach und schlägt mir ein Loch in den Kopf.
Zudem nehmen sich die Vögel unter dem Himmel kein Blatt vor das Maul.
Was gilt's, Vetter Klaus, es geht einmal deiner großen Nase wie dem Tobias
unter dem Schwalbennest?“ Karsten aber antwortete nur: „Will sehen, Vetter
Erhard, will sehen.“ Hätte auch zu einer längeren Antwort nicht Zeit gehabt.
Denn da er das gesagt, trat ein kleiner alter Herr zu ihm und sprach: „Ge⸗
fällt's dir, so komm! ich will dir Arbeit geben und bezahlen, was recht ist.“
Karsten ging mit, und als das alte Herrlein unterwegs zu ihm sagte: „Aber ich
kann es nicht leiden, daß, die mein Brot essen, fragen: Warum?“ — antwortete
er: „Euer Wille geschehe. Viel reden und fragen ist das ganze Jahr meine
Sache nicht.“ Also kamen sie, ohne ein Wort weiter zu verlieren, in die große 20
Zuckersiederei vor dem Thor. Und als Karsten hinter derselben die großen
Holzstöße sah, wurde er ganz fröhlich in seinem Herzen und sprach bei sich selbst:
„Gott sei's gedankt! nun wird es mir nimmer an Arbeit fehlen.“ Da er aber
ein Jahr lang oder etwas darüber Holz gesägt und gespaltet hatte, sprach der
Zuckersieder zu ihm: „Klaus, du hast alle Tage einen weiten Weg abends heim 25
und morgens wieder heraus. Gefällt's dir, so magst du dort in mein Garten—
haus ziehen und mit Weib und Kindern darinnen wohnen umsonst.“ Und da
Karsten ein Jahr lang oder darüber im Sommerhaus gewohnt hatte, trat sein
Brotherr wiederum zu ihm und sprach: „Klaus, der Hausmeister hat lange
Finger gemacht und hinter der Thüre Abschied gesagt. Willst du, so kannst du 80
sein Pöstlein einnehmen.“ Und abermals über ein Jahr ließ der alte Zucker—
sieder mitten durch seinen großen Garten zwischen den Trockenböden und dem
Sommerhäuslein eine hohe Mauer aufführen. Aber niemand getraute sich zu
fragen: „Warum thust du das?“ selbst sein eigener Bruder nicht. Auch sein Weib
nicht; denn er hatte keins. Und ob nun gleich der Hausmeister Karsten fortan 85
einen weiten Umweg machen mußte, wenn er zu den Seinen im Gartenhause
gelangen wollte, so fragte er doch nicht, auch nicht mit einer Miene: Wie oder
warum? Darüber starb der Zuckersieder, und in seinem Testament stand ge—
schrieben: „Item, dem Klaus Karsten vermache ich die andere Halbscheid meines
Gartens jenseits der Mauer; und will ihn mein Bruder auch fernerhin als Haus- 40
meister behalten, so mag er eine Thüre durch die Wand brechen lassen. Wo
nicht, so zahlt er dem Mann noch weiter dreitausend Mark und lüßt ihn ziehen.
Sollte aber Klaus Karsten, was ich jedoch nicht hoffe und erwarte, fragen, warum
er zu mir gekommen, so werde ihm zu wissen gethan, wie folgt: Zum Holz—
hacker wählte ich den Klaus, weil ich ihn beten sah. Hätle damals sein 45
Kamerad gebetet und er den Hut auf dem Kopf behalten, würde ich ihn nicht
gedungen haben, sondern seinen Vetter.“