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Aber da sie nun oben auf der Höhe und mitten im Walde sind,
da wird das Schneegest öber so furchtbar, daß die armen Kinder gar
keinen Weg mehr sehen und nicht mehr vor- oder rückwärts können.
Da drängen sie sich am Rande eines Hohlweges in eine kleine Halle
hinein, die der Schnee über ein niederes Tannengebüsch hinweggewölbt
hatte; vorher aber stecken sie ihre beiden Kunkeln in einander, so daß
eine kleine Stange daraus wird, befestigen oben ein rotes Tüchlein
daran und stellen dann dieses Notzeichen auf dem Dache ihres Schnee—
haͤuschens auf. Da nun die Nacht kam, und das Schneegestöber immer
aͤrger wurde, so daß gar bald der ganze Eingang zur Halle zugeschneit
war, und man durch den Schnee hindurch das Geschrei des Uhus und
das Brausen des Sturmes in den Tannen kaum noch hören konnte,
da mag es den armen Kindern wohl bange genug geworden sein.
Waren sie doch ohnehin dort im Schnee bei lebendigem Leibe schon
begraben, ohne Sarg und ohne daß der Totengräber eine Schaufel
angesetzt hatte. Aber Gott schützte die Kleinen vor wilden Tieren und
vor dem tödlichen Froste, und, eng an einander gedrängt, schliefen sie
zuletzt ein.
Ihre Eltern schliefen zu Hause auch ruhig, denn sie meinten, die
Kinder wären bei der Patin wohl aufgehoben. Als sie aber am an—
dern Morgen einen Boten ausschickten, der die Mädchen holen sollte,
und dieser sie nicht fand, da ging sogleich jedes, das laufen konnte,
mit Schaufeln und Schippen hinaus in den Schnee, um die Kinder
zu suchen. Man kam bei diesem Suchen auch an den Hohlweg, und
dort sah man das Notzeichen der Kleinen: die beiden zusammenge—
steckten Spinnrocken mit dem roten Tüchlein, das gerade noch ein wenig
aus dem Schnee herausstand. Da konnte man sich nun denken daß
die Madchen auch nicht weit davon verborgen sein müßten; deshalb
rief und schrie man sehr laut. Und die Kinder drinnen in ihrer kalten
Kammer hörten das Rufen, sie antworteten darauf und versuchten zu—
gleich mit ihren Händen sich herauszuarbeiten. Dies aber wäre ihnen
wohl unmöglich gewesen, wenn nicht die Männer außen, die den Laut
von innen vernommen hatten, mit Schaufeln den großen Schneehaufen,
der um die Mädchen her lag, hinweggearbeitet hätten. Denn der ganze
Hohlweg war in der Nacht zugeschneit, und es war nur gut, daß die
kleinen Tannenbäumchen das schwere Dach von Schnee noch so getragen
hatten, sonst wären die Kinder erstickt. So aber kamen sie ganz wohl—
behalten heraus ins Freie, keines ihrer Glieder war vom Froste be—
schädigt, denn der Schnee hatte sie gegen den scharfen Wind zugedeckt,
und sie hatten sich eines am andern erwärmt.
Die Eltern aber und alle Leute im Dorfe freuten sich gar herzlich
über die Rettung und Bewahrung der guten Kinder und dankten Gott
inniglich dafür.
Gotthilf Heinrich v. Schubert Mährchen und Erzählungen. Erlangen 186556. S44
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