Full text: Lesebuch zur Geschichte der deutschen Literatur alter und neuer Zeit

134 Die Literatur des 15. und 16. Jahrhunderts. 
von der Liebe überfließt, als die Wohlthat, die aus der Liebe fließt, und 
der Geliebte ist ihr weit über alle Gaben. Die edle Liebe findet ihre Ruhe— 
stätte in keiner Gabe, sondern schwingt sich über alle Gaben, und ruhet 
in Mir — dem Geber. 
3. Von dem Siege über sich selbst. 
O wenn den Sterbenden keine Neigung mehr an die Erde heftet, wie 
frei muß sein Herz, wie groß seine Zuversicht sein? Aber ein krankes Ge— 
müth hat keinen Sinn für die Gesundheit, die darin besteht, daß der unver— 
gängliche Wille sich los und rein hält von aller Anhänglichkeit an's Ver— 
gängliche und der thierische Mensch versteht nicht — die Freiheit des geistigen 
Menschen. Und noch bleibt es ewig wahr: „Wer das wahre, innere geistige 
Leben in sich haben will,“ muß sich los machen von allen ungeordneten Nei— 
gungen für alle übrigen Dinge, nahe und ferne, und muß sich vor keinem 
Feinde sorgsamer hüten, als — vor sich selbst. Sich selbst besiegt 
haben — das ist der vollendete Sieg. Denn wer es in der Selbst— 
beherrschung so weit gebracht hat, daß seine Sinnlichkeit der Vernunft, und 
die Vernunft Mir in allen Dingen gehorchet, der ist der wahre Sein-Selbst— 
Besieger und der rechte Herr der Welt. 
O. Die Literatur des 15. und 16. Jahrhunderts. 
L. Hutten und Luther. 
1. Ulrich von Hutten. 
(. 60. Lehrbuch der Weltgeschichte . 554. Allg. Weltg. IX. 906 ff. X. S891 ff.) 
1. Ein Lied Ulrichs von Hutten. 
(Abgekürzt) 
Ich hab's gewagt mit Sinnen Wiewohl noch ich 
Und trag deß noch kein' Reu, Nit weiter fleich (fliehe); 
Mag ich nit dran gewinnen, Vielleicht werd' wieder kummen. 
Noch müß i spüren Treu, Um Gnad will ich nit bitten, 
i ih ian Dieweil ich bin ohn Schuld, 
einen Ich haͤtt das Recht gelitten 
Wenn u es wollt erkennen, S hindert Ungerld, 
Dem Land zu gut Daß man mich nit 
e u Nach altem Sitt 
Ein Pfaffenfeind mich nennen. Zu Ghdr hat Nnnnen lassen— 
Da laß ich jeden liegen Vlelleicht wills Gott 
Und reden was er will, lud zingt sie Nolh 
in Wehchen ih dehniegen, Zu handeln dieser maaßen. 
Mir wären hulder viel; Will nun ihr selbst nit rathen, 
Nun hab' ich's gsagt, Daß frumme Nation 
Bin drum verjagt, Ihrs Schaden sich ergatten 
Das klag ich allen Frummen, Als ich vermahnet han;
	        
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