Full text: Lesebuch zur Geschichte der deutschen Literatur alter und neuer Zeit

Die klassische Periode. — Klopstock. 
Der, zu Triumphen zurück sie zu führen, schnell um sie herkam, 
Und der Drommetenden Kriegszuruf, der sie ungestüm einlud, 
Und die Heerschaar, jeder von seiner Götterschaft taumelnd, 
Uebermannten sein Herz, und rissen ihn hin zu der Rückkehr. 
Hier noch wollt' ihn sein Freund mit Blicken drohender Liebe 
Fortzueilen bewegen; allein, von künftiger Gottheit 
Trunken, erkannt' Abbadona die vormals mächtigen Blicke 
Seines Freundes nicht mehr. Er kam in dem Taumel zu Satan. 
Jammernd denkt er, und in sich verhüllt, an diese Geschichte 
Seiner heiligen Jugend und an den lieblichen Morgen 
Seiner Schöpfung zurück. Der Ewige schuf sie auf Einmal. 
Damals besprachen sie sich mit angeschaffner Entzückung 
Unter einander: Ach, Seraph, was sind wir? Woher mein Geliebter? 
Sahst du zuerst mich? Wie lange bist du? Ach sind wir auch wirklich? 
Komme, umarme mich, göttlicher Freund, erzähle, was denkst du? 
Und da kam aus strahlender Fern' die Herrlichkeit Gottes 
Segnend einher. Sie sahen um sich unzählbare Schaaren 
Neuer Unsterblicher wandeln; und wallendes Silbergewölk hob 
Sie zu dem Ewigen auf. Sie sahn ihn und nannten ihn Schöpfer! 
Diese Gedanken marterten Abbadona. Sein Auge 
Floß von der jammernden Thräne. So floß von Bethlehems Bergen 
Rinnendes Blut, da die Säuglinge starben. Er hatte mit Schauer 
Satan gehört; doch duldet' er's nicht, und erhub sich zu reden. 
Dreimal seufzet' er, eh' er sprach. Wie in blutigen Schlachten 
Brüder, die sich erwürgten, und, da sie starben, sich kannten, 
Neben einander aus röchelnder Brust ohnmächtig seufzen. 
Drauf begann er und sprach: Ob mir gleich diese Versammlung 
Ewig entgegen wird sein; ich will's nicht achten und reden! 
Reden will ich, damit des Ewigen schweres Gericht nicht 
Ueber mich auch komme, wie, Satan! es über dich kam 
Ja, ich hasse dich, Satan! dich hass' ich, du schrecklicher! Mich, mich! 
Diesen unsterblichen Geist, den du dem Schöpfer entrissest, 
Fordr' er, dein Richter, ewig von dir! Unendliches Wehe 
Schrei in der Abgrundskluft, in der Nacht, der Unsterblichen Heerschaar, 
Satan! und laut mit dem Donnersturme, sie alle, die, Satan! 
Du verführet hast! laut mit des Todes Meere sie alle 
Ueber dich! Ich habe kein Theil an dem ewigen Sünder! 
Gottesleugner! kein Theil an deiner finstern Entschließung, 
Gott den Messias zu tödten. Ha, wider wen, du Empörer!“ 
Hast du geredt? Ist es wider den nicht, der, du bekennst es 
Selber, wie sehr du dein Schrecken auch übertünchest, dir furchtbar, 
Mächtiger ist, als du? O sendet den sierblichen Menschen 
Gott Befreiung vom Elend und Tode; du hältst ihr nicht Obstand! 
Und du willst des Messias Leib, den willst du erwürgen? 
Kennst du ihn, Satan, nicht mehr? Hat dich des Allmächtigen Donner 
Nicht genug an dieser erhobnen Stirne gebrandmalt? 
Oder kann Gott sich nicht vor uns Ohnmächtigen schützen? 
Wir, die zum Tode die Menschen verführeten; wehe mir, wehe! 
Ich that's auch! wir wollen uns wider ihren Erlöser 
Wüthend erheben? Den Sohn, den Donnerer wollen wir tödten? 
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