Full text: Auswahl deutscher Dichtungen aus dem Mittelalter

Vorwort. 
Die vorliegende Sammlung von Dichtungen aus dem Mittel⸗ 
alter ist für solche Schüler bestimmt, welche diese Dichtungen in 
ihrem Urtexte nicht zu lesen vermögen und daher einer Uebersetzung 
derselben bedürfen, wenn sie in die erste Blüthezeit unserer Literatur 
eingeführt werden sollen. Ich habe mich aus mancherlei Gründen 
auf eine kleine Auswahl beschränkt, vornehmlich aus Rücksicht auf 
die knapp zugemessene Zeit für diesen Zweig der Literatur. In den 
Vordergrund wird ja stets die zweite Periode unserer Literatur in 
allen Unterrichtsanstalten geffellt werden müssen, und wenn aus 
derselben auch nur drei Dramen und Goethe's Hermann und Dorothea 
eingehend gelesen und besprochen werden, so nehmen diese allein schon 
bei wöchentlich zwei Stunden ein ganzes Schuljahr in Anspruch, so 
daß auf die ältere Periode unserer Literatur selten mehr als ein 
halbes Jahr Zeit verwandt werden kann. Die drei wichtigsten Epen: 
das Nibelungenlied, Gudrun und Parcival durften natürlich nicht 
fehlen. Aber auch diese Dichtungen wird keine der ins Auge gefaß— 
ten Unterrichtsanstalten ihres Umfangs wegen, abgesehen von anderen 
Rücksichten, vom Anfang bis zum Ende zu lesen und zu besprechen 
im Stande sein. Ich habe daher an geeigneten Stellen, wo es ohne 
Schaden für das poetische Ganze geschehen konnte, durch Zwischen— 
erzählungen eine Kürzung eintreten lassen und habe namentlich solche 
episodische Nebenumstände und Nebenhandlungen ausgeschieden oder 
verkürzt, welche den Fortschritt der Handlung länger aufhalten, als 
dafür bei der Uebermächtigkeit des Stoffes das Interesse und die 
Kraft des jugendlichen Gemüths ausreicht. Die Zwischenerzählungen 
sind fast wörtlich nach Vilmar, der am treuesten den Geist der alten 
Epen in seinen Prosaübertragungen abgespiegelt hat. Es schien mir 
nicht thunlich, nur einzelne Bruchstücke ohne jene Zwischenerzählungen 
zu geben, weil sonst kein zusammenhängender Eindruck zurückbleibt.
	        
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