Die Zeit des Humanismus.
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Staates und erweitert darauf seine Grenzen int Osten; es erobert Ende
des 15. Jahrhunderts in Italien und wird seit dem folgenden Deutsch¬
land gefährlich. t * •
In England beenden die Tndors den dreißigjährigen Bürgerkrieg,
sie erneuern aber die Eroberungskriege in Frankreich nicht. England
bleibt ein insularer Staat, der sich von nun an dem Ausbau ferner See¬
macht zuwendet. v , _ „ -
Auf der Pyrenäenhalbinsel wird das letzte Bollwerk des
Islams gebrochen, Kastilien und Aragonien werden zum Königreich
Spanien vereinigt. Die Nation, durch jahrhundertelange Glaubenskämpfe
qestählt und durch strenge kirchliche Disziplin mit Hingebung und Be¬
geisterung für den katholischen Glauben erfüllt, verläßt ihre Sonderstellung
und übernimmt unter den habsburgischen Königen die Führung in
Diese Umwälzungen auf geistigem, politischem und gesellschaftlichem
Gebiete begünstigt die allgemeine Anwendung dreier Erfindungen: der
Bnchdruckerkunst, des Kompasses und des Pulvers. Die Buchdruckerkunst,
der die Holzschneidekunst vorausging, ist eine Erfindung des Mainzer
Patriziers Johann Gensfleisch, genannt Gutenberg. In Straßburg, wo
er als Vertriebener weilte, wandte er um 1440 zum Druck zuerst beweg¬
liche, aus Holz geschnittene, später aus Zinn gegossene Lettern an. Nach
seiner Vaterstadt zurückgekehrt, stellte er mit Unterstützung des Goldschmieds
Fust das erste größere gedruckte Buch, eine lateinische Bibel, her. Fust
und sein Schwiegersohn Schösser, die sich in den Besitz des Druckergeräts
qesetzt hatten, vervollkommneten die Erfindung, die sich in wenigen Jahr¬
zehnten nach allen Ländern des Abendlandes verbreitete. Für den Ge¬
dankenaustausch, für die Verbreitung von Wissenschaft und Bildung ward
sie von unermeßlicher Bedeutung. (Buchhandel, Inkunabeln, Preffe.) —
Die Nordweisung der Magnetnadel war in Frankreich und England schon
um 1200 bekannt. Seit der Italiener Flavio Gioja dem Kompaß eme
handlichere Form gegeben, fehlte dieser Wegweiser auf keinem Schiffe,
das sich in den weiten Ozean wagen wollte.
Das Pulver, eine Mischung von Kohle, Salpeter und Schwefel, war
wie die vorige Erfindung schon früh den Chinesen bekannt; zu Kriegs¬
zwecken wurde es in Europa zuerst von den spanischen Arabern und in
den englisch-französischen Kriegen (Crecy, Azincourt) gebraucht. In Deutsch¬
land erregte die sagenumwobene „Faule Grete" in der Mark noch Bewun¬
derung. Den schwerfälligen fahrbaren Büchsen, den Mörsern und Kanonen
folgten Handfeuerwaffen (Arkebusen und Musketen), die anfangs durch
die Lunte, später durch Radschloß und Feuerstein entzündet wurden. Durch
diese Erfindung wurde nicht nur die Taktik und Befestigungskunst ver¬
ändert, sondern es schwand auch die Bedeutung der ritterlichen Heere mit
dem Aufkommen von Söldnerheeren (deutsche Landsknechte, Schweizer Reis¬
läufer, Kondottieri) und der Bildung stehender Heere (zuerst in Frank¬
reich unter Karl VII.).