Full text: Die Hauptereignisse der römischen Kaiserzeit, Deutsche Geschichte bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (Teil 5)

158 
Übergang zur Neuzeit. 
1. Der Humanismus und die Entdeckungen. 
§ 87. Der Humanismus. Der Humanismus hat in Italien 
drei große Vorläufer an Dante (+ 1321), Petrarca und Boccaccio. Er 
war von Anfang an nicht gegen die Kirche gerichtet, sondern wollte zu¬ 
erst eine Vertiefung in die antiken Geistesschätze im Sinne christlicher 
Weltanschauung und eine. Befreiung von dem Zwange des scholastischen 
Formalismus. So ist es zu erklären, daß sich selbst Papst Nikolaus V. 
für ihn begeisterte. Allmählich aber stellt er sich bewußt in Gegensatz 
zur mittelalterlichen Weltanschauung; was bisher dem Menschen 
als wertvoll bezeichnet worden ist, wird von ihm verworfen und das 
Gegenteil als das allein Wertvolle gepriesen. Wurde bisher gelehrt, daß 
Demut, schweigender Gehorsam, Entsagung, Verachtung der Welt und 
ihrer Freuden das Höchste und Beste sei, so heißt es jetzt: seiner Natur 
leben, seinen Willen durchsetzen, sich auf die Kraft und Stärke seines 
Verstandes verlassen, sie an der uns umgebenden Welt erproben, Bildung 
erwerben, sich dem feinen Lebensgenuß hingeben; das allein ist des 
Menschen wahrhaft würdig, ist das Menschliche, das Humane. 
Der Humanismus ergreift alle Stände, geistliche und weltliche, 
Fürsten, Ritter und Bürger, und alle Gebiete des Lebens, befreit 
die geistige Arbeit von der Beschränkung auf die im Mittelalter allein 
gepflegten Gebiete der Theologie und Scholastik und eröffnet ihr neue 
Bahnen; er schafft die modernen Wissenschaften, ergreift die bil¬ 
denden Künste und leitet sie zur Antike. (Über die Kunst der Renais¬ 
sance vgl. den kunstgeschichtlichen Anhang.) 
Er stellt neue sittliche Ideale auf, zeitigt aber auch, zumal in 
Italien, eine Bedenken erregende Verwilderung der Sitten. 
Er gestaltet die gesellschaftlichen Verhältnisse um, indem in 
der nächsten Umgebung der Großen der Mensch von Talent, der 
Künstler, der Humanist, einen vielbeneideten Platz erhält, gleichviel 
welchen gesellschaftlichen Kreisen er entsprossen ist. Daher ist auch das 
Interesse der Gesellschaft, besonders in Italien, künstlerischen und wissen¬ 
schaftlichen Fragen zugewendet. 
Er wandelt die Lehre vom Staate und arbeitet der Staatsform des 
Absolutismus vor. 
Vorbilder der Humanisten sind zunächst die lateinischen Schriftsteller, 
später auch die griechischen, namentlich seit der Flucht der Gelehrten aus 
Konstantinopel (1453). Keiner aber gewinnt stärkeren Einfluß als Plato, 
dessen Werke in der Mitte des 15. Jahrhunderts bekannt werden („plato¬ 
nische Akademie" in Florenz). 
Die Volkssprache wird geringgeschätzt, nur im Latein, und zwar 
nicht dem mittelalterlichen, sondern dem klassischen, glaubt man sich aus¬ 
drücken zu dürfen. Man redet, schreibt, dichtet lateinisch, versucht sich 
auch im Griechischen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.