2 Vom Regierungsantritt Friedrichs d. Gr. bis zum Ausbruch d. franz. Revolution.
land') zu verheiraten. Denn wenn auch Friedrich Wilhelm I. gegen eine Vermählung
seiner Tochter Wilhelmine mit dem englischen Thronfolger nichts einzuwenden hatte,
so war er keineswegs gewillt, seinen einstigen Nachfolger in das Netz der englischen
Politik ziehen zu lassen. Sein Schwager Georg war ihm nämlich nicht nur persönlich
verhaßt, sondern es bestanden zwischen Preußen und Hannover, das ja den englischen
Königen gehörte, andauernd Streitigkeiten (z. B. wegen der Nachfolge in Ostfries¬
land; f. S. 7 Anm.). Aber Kronprinz Friedrich erblickte in der politisch durchaus gerecht¬
fertigten Ablehnung des englischen Heiratsplanes durch seinen Vater nur ein weiteres
Glied in der Kette von Demütigungen. Die Folge davon war der Fluchtversuch
des Kronprinzen, als er 1730 seinen Vater auf einer Reise an die süddeutschen Höfe
begleitete. Im Einverständnis mit seiner Mutter und sogar mit dem englischen und
französischen Hofe wollte der preußische Thronfolger nach England flüchten, um dort
gegen den Willen seines Vaters die Heirat mit der Tochter Georgs II. zu vollziehen.
Furchtbar war der Zorn des Königs, als er noch rechtzeitig von dem Plane Kenntnis
erhielt. Friedrich wurde als Gefangener nach Küstrin gebracht und wegen beab¬
sichtigter Fahnenflucht vor ein Kriegsgericht gestellt; der König dachte sogar daran,
ihm die Fähigkeit zur Thronfolge abzusprechen. Sein Freund und Helfer, Leutnant
Kcitte, wurde vor dem Fenster des Kronprinzen hingerichtet. Friedrich selbst wurde,
unter allmählicher Linderung der Haft, bei der Küstriner „Kriegs- und Domänen¬
kammer" (f. T. V S. 103) beschäftigt und dadurch in die ernste und verantwortungs¬
volle Verwaltungsarbeit eingeführt. Erst durch seine Einwilligung in die vom
Vater gewünschte Verlobung mit der Prinzessin Elisabeth Christine von Braun¬
schweig - Beverns erhielt Friedrich seine volle Freiheit wieder (1732); er ver¬
lebte später als Oberst des Ruppiner Regiments, mit dem Sommersitz in dem
lieblichen Rheinsberg (nö. v. Ruppin), noch einige glückliche Jahre, die neben der
ernsten Vorbereitung auf den königlichen Beruf auch Muße zur Beschäf¬
tigung mit den Künsten und schönen Wissenschaften boten. Als Friedrich
zur Regierung berufen wurde, war er ein in sich abgeschlossener Charakter, dem An¬
lagen und Erlebnisse einen unauslöschlichen Stempel aufgedrückt hatten: er besaß
einen durchdringenden Verstand, einen für die Schönheit des Lebens empfänglichen
1) Großbritannien nach dem Tode der Königin Anna (s. T.V. S. 94 Anm. 1):
Georg I., der 1714 den englischen Thron bestieg, verdankte seine Erhebung allein seinem
protestantischen Bekenntnisse; denn die katholischen Stuarts blieben von der Thron¬
folge ausgeschlossen. Unter ihm bildete sich in England die Parlamentsherrschaft
weiter aus, da er wegen mangelnder Beherrschung der Landessprache den vom Parla¬
ment abhängigen Ministern die Regierung überlassen mußte. — Georg II.
(1727—1760), der Schwager König Friedrich Wilhelms I., war beim englischen Volke
nicht weniger unbeliebt als sein Vater. Er setzte dessen friedliche äußere Politik fort,
bis die unausgesetzten Zwistigkeiten mit Spanien einen Krieg herbeiführten.
In ihn wurde auch Frankreich verwickelt, da es nicht zugeben wollte, daß die spanischen
Kolonien ein Raub Englands würden (1740).
2) Die braunschweigische Verwandtschaft Friedrichs II.:
Ferdinand Albrecht n. v. Braunschweig • Bevern,
seit 1735 Herzog v. Braunschweig
Karl Elisabeth Christine, Ferdinand f 1792
Gem. Friedrichs II.
Karl Wilhelm Ferdinand f 1806
I
Friedrich Wilhelm (Oels) 11814