— 215 — 
Seit dem 10. Jahrhundert begannen die Kämpfe des Deutschtums und 
Slawentums in diesen Gegenden. Der Sachsenherzog Heinrich der 
Löwe unterwarf die Obotriten (1162), legte die Bistümer Schwerin 
und Ratzeburg an und führte deutsche Ansiedler in das eroberte 
Land. Der Fürst der Obotriten Pribislaw trat zum Christentum 
über, versöhnte sich dann wieder mit Heinrich dem Löwen und erhielt 
den größten Teil seines Landes zurück. Sein Sohn Heinrich vermählte 
sich mit der Tochter Heinrichs des Löwen und wurde zum deutschen 
Reichsfürsten erhoben und ward der Stammvater des jetzt regierenden 
Hauses. Dasselbe erlangte unter Kaiser Karl IV. die Herzogswürde 
und 1815 die großherzogliche Würde. Das mecklenburgische Haus 
spaltete sich seit 1701 in die beiden Linien Schwerin und Strelitz, 
welche durch Erbvergleich miteinander eng verbunden sind. Das Groß- 
Herzogtum Mecklenbnrg-Schwerin hat 13 161 qkm mit 578565 
Einwohnern, 44 auf 1 qkm, das Großherzogtum Mecklenburg- 
Strelitz 2930 qkm mit 97 978 Einwohnern, 33 auf 1 qkm. 
Der nördliche Teil des Landes, d. i. die Abdachung zur Ostfee, 
ist sehr fruchtbar, der südlichste Teil ist sandig. Die Hälfte des Landes 
besteht aus Rittergütern, die im Besitze des Adels sind. Die Haupt- 
befchäftiguug der Bewohner bildet die Landwirtschaft; bedeutend ist 
die Schaf- und Pferdezucht; die Industrie ist verhältnismäßig gering; 
die Landesuuiversität befindet sich zu Rostock. 
Die Mecklenburger sind niedersächsischen Stammes, ein kraftvoller 
und tüchtiger Menschenschlag. Der Mecklenburger ist treuherzig, nach- 
haltig, dabei wohlgenährt, etwas schwerfällig und langsam, mißtrauisch 
gegen alles, was mau so „Fortschritt" heißt, daher auch frei vom 
Schwindelgeist. Sein Sinn ist auf das Greifbare, Praktische gerichtet. 
Mit gründlichem Ernste betreibt er auch das Kleinste, auch das Mate- 
rielle und das, was zum leiblichen Teile des Lebens gehört, das Essen 
und Trinken, namentlich die „rote Grütze" und „kalte Schale". „Ätt 
Du man langsam, min Sähu", sagte der Bauer zu seinem Sohne, 
„Du glöwst nich, wat sich dal drucken lät!" — 
Die edelste Frau und die berühmtesten Männer Mecklenburgs 
preist der Dichter E. Geibel in seinem „Trinksprnch" (16. Okt. 1870): 
„Stoßt an im Saft der besten Reben! 
Stoßt an, Land Mecklenburg soll leben, 
Land Mecklenburg mit Schwert und Pflug! 
Die Perle gab es uns der Frauen 
Und jenes Paar mit greisen Brauen, 
Das uusers Ruhmes Schlachten schlug.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.