Full text: Sagen und Geschichten aus dem Altertum (Teil 1)

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7. Der Dom zu Koͤln. 
ordentlichen Reiz besitzt ein solches Haus in den vortretenden Erkern und 
Ecktürmchen, die, nach dem Familienzimmer offen, als gemütliche Arbeits- und 
Plauderwinkel dienen, nach außen aber durch ihre zierliche Gestalt, ihre Spitzdächer 
und Gesimse zur heiteren Belebung der Straße beitragen. Hier ist denn auch 
außen die reichste Steinmetzarbeit angebracht, innen Tafelwerk und Holz-— 
schnitzerei, bemalt und vergoldet und mit bedeutsamen Versen und Sprüchen 
geziert, und solch ein Erker erscheint dann am Hause, wie der Chor an der 
Kirche, als das schmuckreichste Heiligtum. 
3. Am frühesten entwickelte sich die Pracht der Baukunst an den öffent— 
lichen Gebäuden. Denn zwischen den Strohdächern erhoben sich kunstvolle, 
riesige Bauten, die Rathäuser und Kirchen. Es bildeten sich enggeschlossene 
Verbindungen der Baugewerkleute, namentlich der Maurer und der Stein— 
metzen, die sogenannten Bauhütten, die allmählich zu förmlichen Schulen 
der Baukunst wurden. Ihre Lehre war eine geheime; außer den Mitgliedern 
durfte niemand die Hütte betreten. Aber aus dem unglaublichen Wetteifer 
und dem uneigennützigen Zusammenwirken der verschiedenen Baugewerke ging 
die Vollendung der gotischen Baukunst hervor. Leicht und frei stiegen die 
hohen Mauern empor; da wuchsen die Pfeiler wie Bäume hervor und schlossen 
sich oben in spitzen Bogen ab; über dem Dache aber wurden sie durch spitze 
in die Wolken ragende Türme fortgesetzt; die Fenster waren von ungeheurer 
Größe; aber das hereinfallende Licht ward gemildert durch kunstreiche Glas— 
gemälde; die Erhabenheit des Ganzen endlich barg sich in die reichsten und 
lieblichsten Verzierungen der Steinhauerarbeit, so daß die Masse sich aus 
unermeßlich vielen, gleichsam lebendigen Steingewächsen aufzubauen schien. Es 
waren riesige Werke, berechnet auf die frommen Beiträge vieler nacheinander 
folgenden Geschlechter; der Baumeister, welcher den Plan en worfen hatte, sah 
wohl nie die Vollendung; ja, mit solcher Uneigennützigkeit übergab er die 
Fortsetzung des Werkes seinen Nachfolgern, daß wir nur in wenigen Fällen 
den Namen des ersten Urhebers kennen. Das größte dieser Wunderwerke der 
Kunst ist der Dom von Köln. Ihm zunächst kommt der Straßburger 
Münster, an welchem vier Jahrhunderte lang gearbeitet worden ist. 
Welter u. Reck. 
7. Der Dom zu Köln. 
Als die christliche Welt von einer tiefen Sehnsucht ergriffen 
wurde, das heilige Land zu befreien, erlangte die Verehrung der heiligen 
drei Könige, deren Gebeine im Jahre 1162 von Kaiser Friedrich J. 
dem Kölner Dom geschenkt wurden, eine große Wichtigkeit. Jeder, der 
die weite Fahrt unternehmen wollte, mußte, wie die Weisen aus dem 
Morgenlande, einem Sterne vertrauen, der ihn, wie jene heiligen 
Männer zur Geburtsstätte, so zum Grabe des Heilands geleiten sollte. 
Daher kamen scharenweise die Jerusalemspilger vor Antritt ihrer Reise 
nach Köln, um durch den Anblick jener heiligen Reliquien sich zur Aus—
	        
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