Albrecht Dürer.
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Unendlich war die Menge der „Kleinmeister," die auch für den bürgerlichen
und täglichen Bedarf arbeiteten und in ihren entzückenden Erzeugnissen bewiesen,
wie hoch in Deutschland der Kunstsinn stand und wie volkstümlich die Kunst
war. Daher konnten Holzschnitt und Kupferstich für den Markt und Absatz
arbeiten, ebenso wie die andern Kunstfertigkeiten, denen die vielen Bauten eben-
falls reiche Gelegenheit gaben. Gotik und moderne Art mischten sich dabei friedlich
zusammen. &§> ist zum Teil handwerkerliche Arbeit, oft hergestellt nach Entwürfen
von Künstlern, die auch meist den Zünften angehörten, oder nach Modellbüchern,
die üblich wurden; aber es war Kunsthandwerk im höchsten Wurf und schon die
Ausführung eine stattliche Leistung. Die Metallarbeit, die außer Gold und
Silber auch geringere Stoffe, wie Messing, Zinn und Eisen heranzog, hatte
glänzende Meister, wie Wenzel Jamnitzer^) und den vor kurzem erst wieder
entdeckten Westfalen Eisenhoit; die Schreinerei wetteiferte in den Möbeln,
auch der Ton mußte sich zu kunstvollen Ofenkacheln und Krügen fügen. Deutsch-
land stand im Kunsthandwerk allen Völkern voran und beherrschte mit ihm den
Weltmarkt.
5. fllbrechf Dürer.
Johann Damrich, Albrecht Dürer.
(München, Kommissionsverlag der Gesellschaft für christliche Kunst.)
A.
Der kennt Deutschland nicht, der Nürnberg nicht gesehen hat, die altehr-
würdige einstige Reichsstadt. Da sind sie, die hohen Giebel, die ehrenfesten, von
kreischenden Mauerschwalben umflogenen Türme; durch diese tiefett dämmerigen
Gassen glauben wir die Geschlechter entschwundener Tage schreiten zu sehen;
verwitterte Madonnenbilder lächeln aus den Nischen; trutzig reckt sich die Burg
ins Himmelsblau; auf dem alten Markt aber liegt der heiße Sonnenschein und
der „Schöne Brunnen" rauscht und rauscht von alter, schöner Zeit.
Hier, unfern dem „Schönen Brunnen" ist die Stätte, wo am 21. Mai
1471 Albrecht Dürer zur Welt gekommen ist.
Es war nicht eine der vielen reichen Patrizierfamilien Alt-Nürnbergs, die
dem deutschen Volk seinen größten Künstler geschenkt hat. Die Sorge ums
>) Der aus Wien stammende, in Nürnberg ansässige und dort zu Ehren gekommene
Wenzel Iamnitzer (f 1585) war der Hofgoldschmied einer Reihe von Kaisern von
Karl V. bis zu Rudolf II. Der hochbegabte Künstler war ein echter Renaissancemensch,
in allen Arten der Technik wohl erfahren, dabei ein geschickter Zeichner und Kupfer-
stecher. Auch beschäftigte er sich viel mit Architektur, Mathematik und Mechanik. —
Anton Eisenhoit aus Warburg an der Diemel (f um 1600) ist erst in neuerer Zeit als
der Schöpfer wundervoller Goldschmiedearbeiten erkannt worden, die von höchster künst-
lerischer und technischer Meisterschaft und sicherem Verständnis zeugen. Auch prächtige
Kupferstiche stammen von seiner Hand.
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