Full text: [Teil 2] (Teil 2 = Oberstufe)

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Geistesgegenwart und Mut besaß Friedrich wie wenige Menschen. 
a) In der Schlacht bei Kolin führte er selbst eine Abteilung Soldaten gegen 
eine österreichische Batterie. Die Leute flohen, als die Kugeln um sie herumpfiffen. 
Friedrich aber achtete nicht darauf und ritt immer weiter. Da rief ihm ein Offizier 
zu: „Wollen Eure Majestät die Batterie allein erobern?" Jetzt erst erkannte der König 
seine gefährliche Lage. Er hielt sein Pferd an, betrachtete die Batterie durch ein Fern¬ 
glas und kehrte dann langsam zu den ©einigen zurück. 
b) Am Abend des Schlachttages von Leuthen ritt Friedrich mit wenigen Be¬ 
gleitern nach dem Schlosse zu Lissa, wo er wider Erwarten eine große Anzahl öster¬ 
reichischer Offiziere antraf. Seine Freiheit stand auf dem Spiele; die Feinde hätten 
ihn gleich nach seinem schönsten Siege zum Gefangenen machen können. Aber der 
König schritt mit der ruhigsten Miene von der Welt mitten durch sie hin und rief ihnen 
zu: „Guten Abend, meine Herren! Sie haben mich hier wohl nicht vermutet? Kann 
man denn auch noch unterkommen?" Die Offiziere wurden durch feinen zuversichtlichen Ton 
irre gemacht, bückten sich tief vor ihm und leuchteten ihm demütig in fein Zimmer. Bald 
darauf erschien eine Abteilung preußischer Husaren und nahm die (Österreicher gefangen. 
Seine Beliebtheit. Friedrich war der Liebling seines Volkes 
und wurde von demselben gewöhnlich der „alte Fritz" genannt. Wenn 
er nach Berlin oder Potsdam kam, so war dies stets ein festliches Er¬ 
eignis für die Bewohner. Sie traten vor die Tür und grüßten ehr¬ 
erbietig den geliebten König, welcher jeden Gruß erwiderte, indem er den 
Hut abzog. Gewöhnlich war er von einer Schar Kinder begleitet, die 
jubelnd den „alten Fritz" hochleben ließen. 
Sein Tod. In den letzten Jahren war Friedrich oft sehr leidend, 
versah aber trotzdem pünktlich seine Regierungsgeschäfte. „Hätte ich mehr 
als ein Leben," sagte er, „ich wollte es für mein Vaterland hingeben." 
Im Jahre 1786 starb der große König auf seinem Lustschlosse Sans¬ 
souci. Er ruht in der Garnisonkirche zu Potsdam in einem schlichten 
Sarge, vor welchem nur die Worte stehen: „Friedrich der Zweite." 
Die Welt aber hat ihm allgemein den Beinamen „der Große" gegeben. 
14. König Friedrich Wilhelm II. (1786—1797). 
Wahlspruch: „Aufrichtig und standhaft." 
Seine Person. Da Friedrich der Große keine Kinder hatte, so folgte 
ihm sein Neffe Friedrich Wilhelm II. in der Regierung. Er war 
gütig und herablassend gegen jedermann und aufrichtig bemüht, sein Volk 
glücklich zu machen. Es fehlte ihm aber die Festigkeit des Willens 
und die weise Sparsamkeit seiner Vorgänger. Im Kriege zeigte er 
sich unerschrocken. 
Seine Regierung. Die ersten Anordnungen, welche der König gleich 
nach seiner Thronbesteigung traf, erregten im Lande große Freude und 
erwarben ihm schnell die Liebe seines Volkes. Er beseitigte nämlich den 
von Friedrich II. eingeführten Alleinverkauf von Tabak und Kaffee 
durch den Staat und entließ die verhaßten französischen Steuerbeamten. 
Wohlwollen. Das bis dahin sehr harte Los der Soldaten suchte 
er wesentlich zu erleichtern. Er gewährte ihnen eine mildere Behand¬ 
lung und verlangte, daß sie mehr durch Weckung des Ehrgefühls als 
durch Strafen zu treuer Pflichterfüllung angehalten werden sollten. 
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