Einleitung.
1. Wesen und Zweige der Geschichte. Geschichte ist zunächst das
im Laufe der Zeit Geschehene, der Inbegriff derjenigen Tatsachen, welche
auf die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft Einfluß gehabt haben;
sodann die Darstellung dieses Geschehenen. Die Geschichte in diesem
letzteren Sinne erzählt von dem Entstehen, Wachsen und Vergehen der
Reiche und Staaten und von den hervorragenden Ereignissen und Per-
sonen, welche darauf eingewirkt haben. Indem sie also die Entwicklung
der Menschheit verfolgt, lehrt sie die Gegenwart aus der Vergangenheit
verstehen und begeistert für die Ziele der menschlichen Veredelung (Kultur-
ideale).
Als Biographie oder Lebensbeschreibung stellt die Geschichte ein
merkwürdiges Menschenleben in seiner Entwicklung und seinem Einfluß
auf die Zeit dar. Als Monographie oder Einzelgeschichte schildert sie
einzelne Ereignisse für sich und in ihrer Beziehung zur Gesamtheit. Als
Partikular-, Teil- oder Sondergeschichte, erzählt sie die Geschehnisse eines
Volkes, Staates, Standes, städtischen Gemeinwesens usw. ausführlich im
Zusammenhange. Als Universal- oder Weltgeschichte verarbeitet sie die
historischen Ereignisse zu einem Gesamtbilde, in dem nur diejenigen Völker
und Ereignisse einen Platz finden, welche die gesamte Ausbildung der
Menschheit gefördert haben. Gleichsam als Seele der Weltgeschichte er-
scheint die Kulturgeschichte, die insonderheit den geistigen und sittlichen
Entwicklungsgang der Menschheit zeigt. Ein Teil derselben ist die
Kirchengeschichte.
2. Quellen der Geschichte. Den Stoff der Geschichte schöpfen die
Geschichtsforscher aus Überresten, Denkmälern und besonderen Ge-
schichtsquellen. Zu den Uberresten gehören die Ruinen untergegangener
Städte (Ninive, Pompeji), die Pfahlbauten (an Schweizerseen), die Hünen-
gräber (in der Lüneburger Heide), die zahlreichen Altertümer in Museen,
die Nachrichten über alte Gesetze, Volksrechte, Sitten, religiöse Vor-
stelluugen, die Reste alter Literaturen und Sprachen, die Märchen, Götter¬
sagen (Mythen) u. v. a. Diese Überreste reden eine stumme und doch
verständliche, wahrhaftige Sprache.
Die Denkmäler oder Monumente wurden errichtet, um der Nach¬
welt Kunde von gewissen Ereignissen zu geben. Häufig tragen sie bildliche
Darstellungen und Inschriften (Obelisken und Pyramiden in Ägypten,
Triumphbogen in Rom); dahin gehören auch Münzen, Medaillen, Wappen,
Siegel, Urkunden über Rechtsgeschäfte usw.
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. Ausg. A. 1