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Preußischer Staat. 
sind jetzt in Spaziergange verwandelt oder mit Hausern überbaut. Auch 
die alten Festungswerke, welche sonst die äußere Stadt hatte, sind jetzt 
in anmuthige Spaziergänge mit Englischen Anlagen umgeschaffen. 
Unter den zahlreichen Kirchen zeichnet sich vorzüglich die M ü n- 
sterkirche oder das Münster aus, wo in altern Zeiten die Deut¬ 
schen Kaiser gekrönt wurden, welches spater zu Frankfurt am Main 
geschah (f. S. 776). Sie ist von Karl dem Großen, der zu Aachen 
geboren war, ums Jahr 796—804 erbaut, woran viel spater 1353— 
1413 der. Chor angebaut wurde. Der von Karl dem Großen erbaute 
Theil oder das eigentliche Münster ist ein Achteck von etwa 48 F. im 
Durchmesser mit einem Umgang von 2 Geschossen und hat gegen O. 
den Chor, gegen W. das Thurmgebaude; zu beiden Seiten sind oben 
und unten Kapellen angebaut. Dieses Achteck mit 8 Bogenöffnun¬ 
gen in jedem Geschoß und 8 Fenstern über demselben imponirt durch 
seinen ernsthaften Charakter und durch seine ansehnliche Höhe. In 
diesen großen Bogenöffnungen standen sonst Granit- und Marmorsäu¬ 
len, nach dem Chore hin aber 2 grüne Porphyrsäulen und 2 Säulen 
von Ägyptischem Granit, welche die Franzosen nach Paris transportirt 
hatten, die aber, 1815 größtentheils wieder nach Aachen zurückgekehrt 
sind. Mitten in diesem Achteck ist das Grab Karls des Großen, 
welcher 814 zu Aachen starb, mit der einfachen Inschrift: Caro!o 
Magno; ein großer Kronleuchter von vergoldetem Kupfer hangt dar¬ 
über. Die Thüren des Münsters, sind von Bronze und sehr einfach, 
und die Kuppel war ehemals mit Mosaik aus Glasstücken und Gold¬ 
blättchen ausgelegt. In dem zweiten Geschoß (dem sogenannten Hoch¬ 
münster) ist der Marmorstuhl, auf welchem Karl der Große im 
Grabe faß, aufgestellt; er besteht aus Marmorplatten und wurde sonst 
bei der Krönung in dieser Kirche von dem neuen Kaiser eingenommen. 
Der Chor ist von einer kühnen Bauart, 114 F. hoch, 80 F. lang 
und 40 breit, mit 13 Fenstern, in einem einfachen, aber edlen, Gothi¬ 
schen Style. Rechts bei dem Eingänge in den Chor ist die Evan¬ 
gelien-Kanzel, auf welcher bei feierlichen Messen das Evangelium 
gesungen wird. Sie ist mit Goldblech bekleidet, mit Achaten und kost¬ 
baren Gemmen geschmückt, ein Geschenk des Kaisers Heinrich II. 
Unter den angebauten Kapellen sind nur die St. Nicolai- und die Un¬ 
garische Kapelle zu bemerken; letztere ist kreisförmig, mit einer flachge- 
wölbten Kuppel und von der Kaiserin Maria Theresia neu erbaut, wie¬ 
wohl ihre erste Stiftung schon aus dem 14ten Jahrhunderte herrührt. 
Die sehr kühn gewölbte Nicolaikapelle hat einen Umgang von 2 Ge¬ 
schossen und ist dem Baustyle nach dem Chore sehr ähnlich. Ihr zwei¬ 
tes Geschoß hat man zu einer Gemaldegallerie eingerichtet. An der 
Westseite der Kirche ist der viereckige Glockenthurm, und neben an sind 
2 runde Treppenthürme, die auf Gewölben ruhen. Auf den Treppen¬ 
thürmen ist noch ein Aufbau, die sogenannte H eili gth um stam¬ 
me r, in Gestalt eines Achtecks aufgesetzt. Hierin befinden sich die
	        
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