Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

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und kommandierte: „Nun in Gottes Namen marsch!" Nach furchtbaren 
Anstrengungen erstürmte er die feindlichen Stellungen und konnte mit Ein¬ 
bruch der Nacht Victoria schießen lassen. 
In Dessau war er bekannt als sehr sparsamer Hauswirt und als 
leidenschaftlicher Jäger. Mitunter begegnete es ihm aber, daß er mit 
leerer Jagdtasche heimkam. Dann liefen ihm die Straßenbuben höhnend 
bis ins Schloß nach und riefen: „Ah, er hat nichts! Er hat nichts!" Da 
fuhr der Fürst nicht etwa zürnend dazwischen, sondern duldete den Lärm, 
denn er wußte ja, daß die Jungen recht hatten. Ebenso ließ er sich von 
seinen Bürgern manchen Spaß gefallen, wenn sie pfiffig genug waren, 
seine Späße mit gleicher Münze zu vergelten. Gern suchte er wunderliche 
Käuze auf, mit denen er Scherz trieb. Zu diesen gehörte auch ein Bäcker¬ 
meister, welcher sich oft deshalb im Bierkeller rühmte, daß er mit dem 
Fürsten auf vertrautem Fuße stehe. Warte, Meisterlein, dachte Leopold, 
dich sollen sie mal recht auslachen! 
An einem Winternachmittage kommt er in offenem Schlitten vor den 
Bäckerladen gefahren und fragt nach dem Meister. Dieser ist eben mit Arbeit 
beschäftigt und steht in Hemdsärmeln, Schürze und Pantoffeln vor dem Back¬ 
ofen. Er eilt sofort vor die Thür, und Leopold ladet ihn ein, ein Stück mit¬ 
zufahren, weil er ihm etwas zu erzählen habe. Der Meister steigt ein, und 
fort geht's ins winterliche Feld hinein. Endlich fängt der Meister an zu 
frieren. „Du frierst?" sagt Leopold, „geh nach Hause und wärme dich am 
Backofen!" Damit nötigt er den verdutzten Reisegefährten zum Aussteigen. 
Dieser aber, ein pfiffiger Kauz, besinnt sich rasch und erwidert: „Durchlaucht, 
das Heizen kostet Holz, und nun ist mein Ofen zwei Stunden umsonst geheizt 
worden. Das ist ein Schaden für mich." „Hast recht," sagte Leopold, „sollst 
eine Klafter Holz haben," und schreibt auf ein Blatt eine Anweisung an das 
Forstamt. Der Fürst fuhr lachend weiter, der Bäcker aber trabte in Pantoffeln 
durch tiefen Schnee nach der Stadt zurück, wo man ihn wegen der Schlitten¬ 
fahrt mit der Durchlaucht tüchtig verspottete. Doch der Bäcker gedenkt sich zu 
rächen, setzt auf die Holzanweisung eine Null hinter die Eins und läßt sich 
zehn Klaftern von dem Förster liefern, der die Verschwendung des spar¬ 
samen Fürsten nicht begreifen kann. Bald erfährt Leopold die Sache, ärgert 
sich über des Bäckers edle Dreistigkeit, sucht ihn auf und fragt barsch: 
„Was hast du gethan?" „Durchlaucht," erwiderte der Meister, „wir saßen 
doch nebeneinander im Schlitten, und da Sie allein etwas wert sind in der 
Welt, so betrachte ich die Eins als Ihre Person, neben welcher ich als 
Null sitze, die ja nichts gilt." „Bist ein geriebener Kerl," brummte Leopold, 
„mit dir fahre ich nicht wieder, wird mir zu teuer." „Bin es auch zu¬ 
frieden," stimmte der Bäcker ein. Leopold ließ sich den Witz gefallen, und 
nun wurde er in der Stadt ausgelacht.
	        
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