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4. Oie Neichsarmee. während das preußische Heer von
dem König Friedrich Wilhelm I. und von Friedrich dem Großen in
strenger Mannszucht gehalten und im Waffendienste geübt worden
war, war das Heerwesen der meisten deutschen Kleinstaaten in
einen traurigen Zustand geraten. Die meisten hatten kein stehendes
Heer, ward es einmal nötig, so warben sie schnell Leute an, zum
Teil verlaufenes Volk, bekleideten und bewaffneten sie, ohne sich
darum zu kümmern, ob die neuen Soldaten in den Waffen geübt
seien, und ob die Waffen etwas taugten. Sollte das Deutsche Reich
Krieg führen, so mußten die einzelnen Staaten und Länbchen je
nach ihrer Größe Truppen stellen. 3n einem Regiment waren oft
Soldaten aus verschiedenen Gebieten, mit verschiedener Uniform
und verschiedenen Waffen. Die (Offiziere kannten ihre Leute nicht,
und diese hatten kein vertrauen zu den (Offizieren. Diese bunt¬
scheckige Reichsarmee war Feind und Freund ein Spott. Nun
sollte sie gegen den großen Preußenkönig zu Felde ziehen, und
zwar mit dem (Erbfeinde des Deutschen Reiches, den Franzosen.
5. Oie Schlacht bei Rotzbach (1757). Dieses unter dem
Befehl des französischen Prinzen Soubise vereinigte Heer traf
mit dem preußischen bei dem Dorfe Roßbach (bei Merseburg)
zusammen. Die Franzosen spotteten, als sie den kleinen preußischen
heerhaufen erblickten, dem sie an Zahl dreimal überlegen waren.
3hre einzige Furcht war, der König könnte ihnen entrinnen; denn
der französische Marschall wollte ihn einschließen, mit dem ganzen
Heere gefangen nehmen, und so dem Kriege mit einem Male ein
Ende machen. Schon begannen die Feinde das preußische Lager
zu umzingeln, während Friedrich mit seinen Generalen ganz ruhig
bei der Mittagstafel saß. „Der steckt in der Falle", frohlockten
sie laut. Da, zwei Uhr nachmittags, gibt plötzlich der König den
Befehl zum Rufbruch. Und augenblicklich dringt der kühne Reiter¬
general Set)blitz mit Macht in>die Scharen der Feinde ein und
wirft alles vor sich über ben Haufen. Zu gleicher Zeit rückt
Friebrich mit bem Fußvolk im Sturmschritt vor, unb ehe zwei
Stunben vergangen sinb, ist bas ganze feinbliche Heer in rvilber
Flucht. (Entsetzliche Rngst ergreift bie Fliehenben; unaufhaltsam
eilen sie von bannen unb wagen nicht eher haltzumachen, als bis
sie am Rheine sinb. Ganz Deutschland) aber freute sich bes herr¬
lichen Sieges unb jubelte über bie lustige Franzosenjagb; benn
überall, auch in ben ihm feinblichen Staaten, hatte ber große