Joachim Hektor's und Johann von Küstrin's verschiedener Charakter. 93
Fortbestand der Reformation in Brandenburg ohne jede innere Erschütte¬
rung blieb. Ganz von innen heraus, durch das Volk selbst, war hier der neue
Glaube begründet worden, und durch keine äußeren Umstände konnte er fer¬
nerhin gestört oder wankend gemacht werden. Er ist fortan mit Preußens
innerem Leben tief verwachsen und ist in vollem Sinne Preußens geistiges
Lebensprincip geworden. Aber auch die Milde, welche Joachim II. bei der
Einführung bewies, die ächt evangelische Schonung und Achtung fremder
Glaubensüberzeugung ist ein Erbtheil der preußischen Regenten und des preu¬
ßischen Volks geblieben, und gerade hierdurch war es unserem Staate ver¬
gönnt, später das schönste Beispiel friedlicher Vereinigung verschiedener Con-
sessionen unter einem milden und gerechten Scepter zu geben.
13. Kurfürst Joachim H. Hektor und Markgraf Johann
von küstrin (1535 —1571).
Der beiden Fürsten verschiedenes Wesen. Nachdem wir den Verlauf
der Kirchenverbesserung in Brandenburg im Zusammenhange dargestellt haben,
müssen wir noch einen Blick auf die sonstigen Regierungshandlungen der bei¬
den Fürsten werfen, welche nach dem letzten Willen Joachim's I. die Marken
unter sich getheilt hatten. Die beiden Brüder Joachim II. und Johann,
welcher letztere als Markgraf der Neumark seinen Sitz in Küstrin nahm und
daher auch den Namen Johann von Küstrin führt, waren durchaus ver¬
schiedenen Charakters. Joachim offenen, fröhlichen Gemüths, wünschte, daß
auch um ihn her Alles glücklich und heiter sei; gutmüthig bis zum Uebermaß,
wollte er, so viel von ihm abhing, gern alle Wünsche erfüllen, mit vollen Hän¬
den theilte er aus, was er besaß, und wo er nicht geben konnte, ertheilte er
wenigstens Versprechen, welche er freilich nicht immer zu erfüllen vermochte.
Nicht selten geschah es, daß er mehreren Bittstellern die Anwartschaft auf
dasselbe Amt, dasselbe Lehen gab; da es daun nur einer erhalten konnte, suchte
er die anderen durch Geld schadlos zu halten. Mit diesem überaus gutmüthigen,
wohlwollenden Wesen Joachim's hing es zusammen, daß er in allen Dingen
die Versöhnlichkeit und Vermittelung den gewaltsamen Maßregeln vorzog,
wiewohl er eines kräftigen Entschlusses durchaus fähig war, wo die Umstände
ihn erheischten. Sein Bruder Johauu dagegen war rasch und entschieden in
Allem, was er that; weit entfernt von dem milden, vertrauensvollen Sinn
Joachim's war er streng, oft abstoßend, und über seinem Schlafgemach stan¬
den die bezeichnenden Worte: „Unter Tausenden trau kaum Einem recht, bis
du erkennst ihn treu oder schlecht." Während Joachim das üppigste und glanz¬
vollste Leben an seinem Hose einführte uud Festlichkeit auf Festlichkeit folgte,
ohne daß man oft wußte, woher die Mittel zu solchem Aufwand genommen
werden sollten, war Johann sparsam bis zum Geiz uud ein abgesagter Feind
alles unnützen Glanzes. Als einer seiner Räthe öfter an Wochentagen mit
seidenen Strümpfen bei ihm erschien, sagte er ihm ungehalten: „Ich habe
auch seideue Strümpfe, aber ich trage sie nur des Souu^ und Festtags." —
Trotz solcher Verschiedenheit in Sinnesart und Neigungen trafen beide Brü¬
der doch in dem ernsten Bestreben zusammen, ihre Unterthanen glücklich zu
machen, sowie in edler Geradheit, in dem Sinn für strenge Gerechtigkeit,