100 Die alten Preußen; Christian von Oliva; die Ritter Christi.
der Härte hinreißen ließ. Im Allgemeinen freilich kam seine Sparsamkeit dem
Lande eben so zu statten, wie seine strenge Ordnungsliebe und Gerechtigkeit.
Sein Andenken blieb, wie das seines Bruders Joachim, unter dem märkischen
Volke in Segen.
14. Die deutschen Ritter und das Herzogtum Preußen.
Unter Joachim's II. Regierung erhielten die brandenbnrgischen Fürsten
die Anwartschaft auf dasjenige Land, in welchem sie anderthalbhundert Jahre
später ihren Königsthron aufrichteten, und welches seitdem ihrer ganzen glor¬
reichen Herrschaft den Namen gegeben hat, auf das Herzogthum Preu¬
ßen. Zum leichteren Verständniß, auf welche Weise sie zu solchen Aussichten
und Rechten gelangten, müssen wir einen kurzen Rückblick auf die frühere Ge¬
schichte Preußens werfen.
Die alten Preußen und die Bekehruuasversuche; Christian von
Oliva. Die Preußen, ein slavisches, mit deutschen und lettischen Stämmen
vermischtes Volk, welches zwischen der Weichsel uud dem Niemen wohnte,
waren die Letzten unter den Slaven an Deutschlands Grenzen, welche noch
unbekehrt im Heidenthum verharrten, als ringsum in Pommern, in den Mar¬
ken, in Polen und selbst in Livland das Christenthum schon Wurzel gefaßt
hatte. Die Preußen haßten das Christenthum als die Religion ihrer Feinde,
welche ihnen mit dem christlichen Glauben die Knechtschaft auferlegen wollten,
wehrten mit begeistertem Muth alle Angriffe ab und fielen verheerend in das
Gebiet ihrer Nachbarn ein.
Am Anfang des dreizehnten Jahrhunderts faßte ein eifriger, kluger und
besonnener Mönch, Christian zu Oliva in Pommern den Plan, die Preu¬
ßen statt mit dem Schwert durch milde Belehrung für das Christenthum zu
gewinnen, und im Verein mit mehreren Klosterbrüdern wußte er in der That
einen glücklichen Anfang des Bekehrungswerkes zu machen, wofür ihn der
Papst zum Bischof von Preußen ernannte. Aber ein wilder Aufstand der
hierdurch gereizten Heiden zerstörte nochmals das Werk des glaubenseifrigen
Christian. Nicht besseren Erfolg hatte ein Kreuzzug, welchen auf Anregung des
Mönchs von Oliva viele deutsche Fürsten nach Preußen unternahmen; sie zogen
unverrichteter Sache wieder heim, und trotziger als je griffen die Preußen ihre
christlichen Nachbarn an. Noch ein Mittel wollte Christian versuchen, um das
Ziel seiner langjährigen Bemühungen zu erreichen. In Livland war die Bekeh¬
rung vorzüglich dem Ritterorden der Schwertbrüder zu danken gewesen; nach
ihrem Muster bildete man nun einen Orden der Ritter Christi in Preu¬
ßen (von ihrem Hauptsitze Dobriu auch die Ritterbrüder von Dobrin ge¬
nannt), welche als Abzeichen auf dem weißen Mantel einen rothen Stern und
ein Schwert trugen, und vom Herzog Konrad von Mafovien mit Land reich¬
lich ausgestattet wurden. Aber auch sie vermochten die Kraft der erbitterten
Heiden nicht zu brechen, welche sogar in Pommern einbrachen, das Kloster
Oliva verbrannten und die Mönche ermordeten. Da wandte sich Christian
endlich als letzte Zuflucht au die deutschen Ritter, deren erfolgreiche Ta¬
pferkeit im Kampfe gegen heidnische Völker bereits erprobt war.
Der deutsche Ritterorden verdankte seinen Ursprung einem frommen