Der Friede zu St. Germain; Angriffe zur See gegen Spanien. 173
Am 29. Juni 1679 wurde der Friede zu St. Germain mit Frankreich
und Schweden abgeschlossen, in welchem Schweden seine Besitzungen in Pom¬
mern fast ungeschmälert wieder erhielt. Der Kurfürst gerieth in eine sehr
bittere Stimmung gegen den Kaiser, welche auch in dem Texte zu erkennen ist,
den er zur Predigt beim Friedensfeste bestimmte: „Es ist gut auf den
Herrn vertraueu uud sich nicht verlassen auf Menschen."
24. Des großen Kurfürsten letzte NegiernngsM.
Vorübergehende Hinneigung Friedrich Wilhelm's zu Frankreich.
Die bitteren Erfahrungen, welche der brandenbnrgische Fürst mit seinen bis-
beugen Bundesgenossen gemacht hatte, bewirkten, daß er nach dem Frieden
von St. Germain eine Zeit lang nicht übel Lust hatte, sich mit Frankreich zu
verbünden. Er machte aus seinem Unwillen gegen den Kaiser, gegen Holland
uud Spanien, welche ihn beim Friedensschlüsse so undankbar im Stiche ge¬
lassen, kein Hehl. An die holländische Regierung schrieb er geradezu: er könne
sich weniger über die Verheerung seiner Länder durch die Franzosen, seine
Feinde beklagen, als über die, denen zu Liebe er sich ius Unglück gestürzt und
die ihn nicht allein nicht unterstützt, sondern ohne Rücksicht auf das Völker¬
recht und trotz der feierlichsten Zusagen verlassen hätten.
Mit Spanien kam es zum offenen Bruche; merkwürdiger Weife wagt
er es, die damals noch immer gewaltige Seemacht zu Wasser anzugreifen.
Friedrich Wilhelm’6 Streben war von jeher auf die Bildung einer Flotte
gerichtet gewesen, und in dieser Absicht hatte er auch mit einem holländischen
Admiral Raule einen Vertrag abgeschlossen, nach welchem dieser für 5000
Thaler monatlich in den kurfürstlichen Häfen sechs völlig ausgerüstete, immer
segelfertige Fregatten von zwanzig bis vierzig Kanonen unterhalten mußte.
Nun war ihm Spanien nach dem früheren Bündnisse monatlich 32,000 Thaler
Snbsidien (Hülfsgelder) für den Unterhalt feiner Truppen schuldig; die
Schuld war bis gegen zwei Millionen angewachsen, wurde aber immer und
immer wieder vorenthalten. Der Kurfürst ließ daher dem Könige von Spa¬
nien sagen, er werde sich selbst Genugthuung verschaffen, uud ließ seine sechs
Fregatten mit lOoO Maiut Besatzung aus dem Hafen von Pillan gegen spanische
Schiffe auslausen. Die kleine Flotte bemächtigte sich bei Ostende eines gro¬
ßen spanischen Schiffes von fechszig Kanonen, welches mit brabanter Spitzen
und Tüchern beladen war, die man in Pillan für 100,000 Thaler verkaufte.
Der König von Spanien war über dieses kühne Unterfangen des Kurfürsten,
den er nur deu „kleinen Marquis" (Markgraf) nannte, sehr ausgebracht und
befahl dem Gouverneur der spanischen Niederlande, Cleve wegzunehmen; der
aber antwortete, der Marquis sei nicht so klein wie der König denke, und es
würde nicht so leicht sein, die ganzen Niederlande gegen denselben zu verthei¬
digen. Die kurfürstlichen Schiffe waren nnterdeß nach Westindien gefahren
uud hatten dort noch zwei spanische Kauffahrer weggenommen; dann kehrten
sie nach Europa zurück und wollten die spanische Silberflotte auffangen, wur¬
den aber durch einen Kamps mit zwölf spanischen Gallionen genöthigt, sich
erst nach dem portugiesischen Hafen Lagos, dann nach Pillan zurückzuziehen.
War auch ihr Unternehmen nur zum geringeren Theile gelungen, so hatte