174 Spannung mit dem Kaiser wegen Schlesiens; Aufnahme französ. Protestanten.
doch des Kurfürsten Kühnheit und Entschlossenheit wiederum allgemeines Er¬
staunen erweckt (1680).
Mit dem Kaiser gerieth Friedrich Wilhelm ebenfalls in ein sehr gereiztes
Verhältniß, besonders weil gerade damals auch die schlesische Erbschaftsfrage
wieder in Anregung kam. Der letzte Herzog von Liegnitz war (1675) ge¬
storben, und das Haus Oesterreich hatte sich ohne Weiteres in den Besitz
seines Landes gesetzt. Der Kurfürst war zuerst noch zu sehr mit dem pom-
merschen Kriege beschäftigt, um seine auf der alten Erbverbrüderuug beruhen¬
den Ansprüche mit Nachdruck geltend machen zu können. Als er aber nach
dem Friedensschlüsse mit diesen Ansprüchen hervortrat und den Kaiser auf¬
forderte, ihm eine Zeit zu bestimmen, wo er die schlesischen Herzogtümer
zu Lehen empfangen könnte, wurde er kurz abgewiesen; man gab ihm zu ver¬
stehen, das Haus Oesterreich werde niemals einen protestantischen Fürsten
mitten in seinen Erbländern Fuß fassen lassen. Der Kurfürst vermochte für
jetzt nicht zu erlangen, was erst sein berühmter Urenkel, Friedrich der Große,
mit gewaffneter Hand erkämpfen mußte.
Natürlich mußten solche Vorgänge Friedrich Wilhelm immer mehr vom
Kaiser abziehen, während von Frankreich ans Alles versucht wurde, um ihn
für ein Bündniß zu gewinnen. Wirklich ließ er sich zum Abschlüsse eines Ver¬
trages bewegen (1682), durch welchen er sich freilich nur verpflichtete, den
Frieden zwischen Frankreich und dem deutschen Reiche zu vermitteln. Seine
Bemühungen zur Herstellung einer Einigung waren jedoch vergeblich.
Neue Feindschaft gegen Frankreich; schütz der französischen Re-
formirterr. Die Hinneigung des Kurfürsten zu Frankreich war nicht von
langer Dauer; dieselbe widerstrebte seinem deutschen Herzen, und als er die
fortwährenden Gewaltthaten sah, welche sich Ludwig XIV. wider alle Zu¬
sicherungen gegen deutsche Länder erlaubte, konnte er es nicht länger über sich
gewinnen, mit ihm verbündet zu bleiben. Vor Allem aber waren es die Ver¬
folgungen der Protestanten in Frankreich, welche den Kurfürsten
von Brandenburg, als einen ächt evangelischen Fürsten, zu sehr entrüsteten, als
daß er hätte länger Ludwig unterstützen können. Friedrich Wilhelm hatte sich
überall der gedrückten Evangelischen angenommen, in Polen, Schlesien, Ungarn,
ja selbst in Piemont; ebenso hatte er sich schon vor vielen Jahren bei Ludwig Xiv!
für die verfolgten französischen Protestanten verwendet. Der König hatte
das als eine Einmischung in seine Landesangelegenheiten zwar sehr übel ge¬
nommen, jedoch ziemlich höflich darauf geantwortet und die Erhaltung der
Privilegien der Evangelischen versprochen. Seit dem Jahre 1681 aber wur¬
den die Bedrückungen der französischen Protestanten immer stärker nnd zuletzt
unerträglich. Dies bestimmte den Kurfürsten, sich Oesterreich wieder zu nä¬
hern. Vollends sagte er sich von Ludwig XIV. los, als das von Heinrich IV.
zum Schutz der französischen Protestanten gegebene Edict von Nantes im
Jahre 1689 durch Ludwig aufgehoben, die freie Religionsübung der Evange¬
lischen verboten und dieses Verbot mit den gewaltsamsten Mitteln zur Aus¬
führung gebracht wnrde. Nachdem die Protestanten schon vorher von allen
öffentlichen Aemtern, ihre Kinder sogar von den Schulen ausgeschlossen, nnd
ihnen aller richterlicher Schutz genommen war, begann jetzt ein grausames
Bekehrungsgeschäft. Mit den Priestern zugleich wurden Dragoner in die