Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

Handel und Gewerbe. Friednch Wilhelm's Frömmigkeit. 179 
anlegen lassen. Ebenso richtete er zuerst ein Stahlwerk, eine Gewehrfabrik, 
eine Zuckersiederei, eine Gaze-, Seide - und Kreppfabrik ein und beabsichtigte 
auch schon die Anlegung einer Porzellan - Manufactur. Besonders war es 
ihm um die Hebung der Wollfabrication zu thun, und er befahl, daß Bettler, 
Müßiggänger und Kinder, die zur Spinnerei tüchtig wären, an Orten, wo 
sich Wollenrnanufacturen und Zeugmacher befänden, abgeliefert, auch Bett¬ 
ler und Lumpengesindel aufgegriffen und nach Spandau geliefert würden, 
wo ein Zucht- und Spinnhaus angelegt wurde. Auch mit dem Tabakbau 
und der Tabakspinnerei versuchte er es; die märkischen Landleute wollten frei¬ 
lich zuerst von dem fremden Genuß nichts wissen. 
Besondere Fürsorge widmete der Kurfürst dem Land - und Gartenbau 
und gab darin durch eigene Anlagen und durch die Bewirtschaftung seiner 
Güter ein erfolgreiches Beispiel. Ihm ist auch die Einführung der Kar¬ 
toffeln in der Mark zu danken, womit bei Berlin glückliche Versuche gemacht 
wurden. Die fremden Einwanderer, welche der Kurfürst herbeizog, die 
Franzosen, die Waldenser aus Piemont, wie die Holländer, erwiesen sich für 
den Landbau, wie für Gewerbe und Manufactureu als sehr nützliche neue 
Mitbürger; denn sie brachten nicht blos eine achtbare Gesinnung und eine 
mannigfache höhere Bilduug mit, sondern auch das Beispiel der Cultur, 
welche sich in Frankreich ungestörter entwickelt hatte, während in Deutsch¬ 
land viel bessere Keime durch den unglücklichen dreißigjährigen Krieg erstickt 
worden waren. So beförderten die geschickten und arbeitsamen Fremdlinge 
in vieler Beziehung den Aufschwung des gewerblichen Lebens. 
25. Der große Kurfürst als Christ; sein Verhalten in religiösen 
Dingen. -Zein Lebensende. 
Friedrick Wilhelm's frommer Sinn. Nachdem wir das großartige 
Wirken und Schaffen Friedrich Wilhelm's nach allen weiten kennen gelernt 
haben, müssen wir noch einmal auf den tieferen inneren Grund seines mächtigen 
Geisteslebens zurückkommen, auf den wahrhaft religiösen Sinn und 
den festen Glauben, welcher das Innerste seines Gemüths erfüllte. Er 
hatte die evangelische Wahrheit nicht nur von treuen Lehrern und Erziehern, 
sondern vornehmlich aus dem Munde dreier gottesfürchtiger Frauen, seiner 
Großmutter Anna, seiner Mutter und seiner Tante, der Königin Marie Eleo¬ 
nore von Schweden, vernommen, und von früh auf war ihm durch deren Bei¬ 
spiel der stete Verkehr mit Gott, inniges Gebet mit Herzen und Munde eine 
theure Gewohnheit geworden. Der Wahlspruch, mit dem er nach damaliger 
Fürstensitte sein Wünschen und Streben bezeichnete, war aus den Psalmen 
entnommen: „Herr, thue mir kund den Weg, daraus ich gehen soll " Früh 
und spät im gewöhnlichen Laufe des Lebens und bei allen außerordentlichen 
Begebenheiten, die ihn beugten oder erhoben, vor allen wichtigen Unter¬ 
nehmungen, brachte er öffentlich oder in seinem Gemache dem Herrn Gebet 
und Fürbitte vor. Seinen Umgang mit Gott unterbrachen auch die häufigen 
Kriegszüge nicht, und strenge hielt erdarauf, daß selbst im Felde seine Trup¬ 
pen, mochte früh oder spät aufgebrochen werden, ihr Morgen- und Abend¬ 
gebet verrichteten. War ein Sonntagsmarsch unvermeidlich, so ließ er wenig- 
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