Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

O. Aus dem Verkehrsleben. 
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machte sich das Bedürfnis nach einheitlicher Verwaltung des Post— 
wesens im Deutschen Bunde geltend. 1850 kam es zur Gründung 
des deutsch-österreichischen Postvereins. Osterreich, Preußen und 
die übrigen deutschen Staaten bildeten nur ein Postgebiet. Damit 
war eine einheitliche Reichspost verwirklicht. Dieses Vertragsverhältnis 
bestand, bis die Ereignisse des Jahres 1866 die Post des Norddeutschen 
Bundes und die des Jahres 1870/771 die Post des Deutschen 
Reiches ins Leben riefen. 
3. Die größte Errungenschaft im Postwesen ist der Weltpost— 
verein. Der Regierung des Deutschen Reiches, vor allem dem Leiter 
der deutschen Postverwaltung, Staatsminister Dr. von Stephan, ge— 
bührt das Verdienst, den Anstoß zur Durchführung dieser schönen, aber 
schwierigen Aufgabe gegeben zu haben. Die Vertreter von 22 Staaten 
traten auf Einladung der deutschen Reichsregierung im September 1874 
in Bern zusammen, und am 9. Oktober desselben Jahres wurde der 
„allgemeine Berner Postvertrag“ unterzeichnet. Hierdurch wurde 
für die Versendung der Briefe, Postkarten, Drucksachen und Waren— 
proben eine zuvor niemals für ausführbar gehaltene Gleichmäßigkeit 
und Wohlfeilheit der Gebühren hergestellt. In betreff der Teilung des 
Portos unter den vertragschließenden Staaten wurde bestimmt, daß 
jeder Staat die von ihm erhobenen Gebühren behält; eine Abrechnung 
zwischen den Staaten findet nicht statt. Das Freimachen geschieht aus— 
schließlich durch die im Ursprungslande geltenden Postwertzeichen. Nach 
dem zweiten Postkongresse (1878 in Paris) kostet ein einfacher Brief 
innerhalb des ganzen Weltpostvereinsgebietes 20 Pfennig, eine Post— 
karte 10 Pfennig. Für diesen Betrag kann somit eine Nachricht von 
San Franzisko nach Sibirien oder von Hammerfest bis zum La Plata 
oder nach Persien gelangen. Der Weltpostverein ist ein Band, das die 
Staaten des Erdenrunds umschlingt. Er erstreckt sich über hundert 
Millionen Quadratkilometer und über eine Milliarde Menschen. 
Nach M. Geistbeck und der Voss. Ztg. 
229. Die erste Eisenbahn in Berlin. 
I. Wer da meint, dab die Schnellpost, die Vorläuferin der 
Eisenbahn, auch ihre Fürsprecherin gewesen sei, der befindet sich 
in einem schweren historischen Irrtume. die war im Gegenteil die 
abgesagte Feindin dieser unerhörten Neuerung. Der Generalpost- 
meister Nagler wies mit Selbstbewubtsein auf sein Werk hin und 
fragte erstaunt, ob man wirklich meinen könnte, die Schnellpost 
zei nicht genug Zugeständnis für die Reisesucht einer rubelosen 
Menschheit. Erst als man hörte, daß wagehalsige Menschen im 
Königreich Sachsen eine BEisenbahn zwischen Leipzig und Dresden 
bauten, siegte auch im konservativen Berlin die Neuerungssucht 
über die Besonnenheit. In der letzten Hälfte der dreibiger Jahre 
erklärte sich auch die Regierung für überwunden und gestattete 
den Bau einer RDisenbabn von Berlin bis — Potsdam. „Wo das 
binaus soll»“ Die Gebeimräte zuekten die Achseln und sechüttelten
	        
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