Friedrich's Knabenjahre. 235
hatte eine kleine Trommel bekommen, unb es machte ihm im Gegensatze gegen
sein sonstiges stilles Wesen viel Freube, barauf tüchtig bcn Marsch zu schlagen.
Der kleinen Wilhelmine aber würbe bas Trommeln zu viel unb sie schlug bem
Bruber Fritz vor, ihren Puppenwagen zu ziehen ober mit ihren Blumen zu
spielen. Fritz, sonst ihren Bitten leicht nachgebenb, antwortete biesrnal sehr
ernsthaft: „Gut Trommeln ist mir besser als Spielen unb lieber als Blu¬
men." Ueber bieseu Funken solbatischer Neigung war ber König Friebrich
Wilhelm so erfreut, baß er bie Scene von seinem Hofmaler barstellen ließ.
Die Königin, bereu treffliches Herz am Wohlthun große Freube hatte,
lehrte schon früh auch beu Sohn biese fürstliche Freube kennen. Sie ließ oft
tie Armen in großer Zahl zu sich kommen, bezeigte ihnen ihre Theilnahme
unb ließ ihnen burch bes Kronprinzen Hanb milbe Gaben reichen. Ihr Be¬
mühen war nicht vergeblich; benu sehr bald äußerte sich, wie viel Gefallen
Friebrich selbst am Wohlthun faub. Auf einer Reife nach Hannover hielt bie
königliche Familie in Tangemünbe an, unb bas Volk brängte sich um bie#
selbe mit Bezeigungen ber Liebe. Es waren auch viele Arme barunter; ba
ging ber kleine Kronprinz schnell in einen Bäckerlaben, schüttete seine kleine
Baarschast aus unb verlangte bafür Semmeln, Brezeln unb Zwieback, was
er sogleich selbst unter bie Armen, bie Kinber unb Greise vertheilte. Er hat
später geäußert, bort habe er zum ersten Male bas Vergnügen genossen, sich
von Unterthanen geliebt unb Dankesthränen in bereu Augen zu sehen.
Die Knabenjahre. 2m siebenten Jahre erhielt Friebrich beu General
Graf von Finkenstein zum Erzieher, einen sechszigjährigen, sehr ehrenwer-
then Mann, ber burch seine ruhmvolle Führung im Kriege unb durch treue
Anhänglichkeit, sowie burch sein streng solbatisches Wesen bem Könige sehr
werth war; unter ihm staub als Hofmeister ber Oberst von Kalkstein, ein
gebilbeter Mann von heiterem Wesen, streng ordnungsliebend und fparfam,
als Lehrer ein junger Franzose, Duhan de Jandun, der viel Kenntnisse
besaß und beut jungen Prinzen eine große Liebe zur Literatur unb zu beu
schönen Künsten beibrachte. Der König ertheilte beu Hofmeistern eine aus¬
führliche Instruction, wie sie bei ber Erziehung ihres hohen Pflegebefohlenen
zu verfahren hätten. Nach König Friebrich Wilhelm's erwähnten strengen
Grunbsätzen heißt es ba: „Jnsonberheit muß meinem Sohne eine rechte Liebe
unb Furcht vor Gott, als bas Funbament unb bie einzige Grunbsäule un¬
serer zeitlichen unb ewigen Wohlfahrt recht beigebracht, hingegen aber alle
schäblichen Irrungen unb Secteu als ein Gift, welches so zarte Gemüther leicht
bethören, beflecken unb einnehmen kann, aufs Aeußerste gcmieben unb in seiner
Gegenwart bavon nicht gesprochen werben; hingegen aber ist Er zur wahren
christlichen Religion, welche sürnehmlich barin bestehet, baß Christus vor alle
Menschen gestorben, als beu einzigen Trost in unserem Leben zu leiten unb
zu führen, unb muß er von ber Allmacht Gottes wohl unb bergeftatt iufor-
iniret werben, baß Ihm allezeit eine heilige Furcht unb Veneration vor Gott
beiwohne; benn bieses ist bas einzige Mittel, bie von menschlichen Gesetzen
unb Strafen Befrcietc souveräne Macht in beu Schranken ber Gebühr zu hal¬
ten." Latein sollte Friebrich gar nicht lernen, bas Französische unb Deutsche
aber so, baß er sich barin eine elegante unb kurze Schreibart angewöhne; au-
ßerbcut bic Rechnenkunst, Mathematik, Artillerie, Oekonomie aus bem Fun-