Des Königs Einrichtungen in Schlesien; Unionsvertrag zu Frankfurt a. M. 269
34. Der zweite schlesische Krieg (1744—1745).
Ursachen des neuen Krieges. Friedrich traf in dem neu erworbenen
Lande sofort alle Einrichtungen, um die Regierung desselben zu ordnen. Im
Allgemeinen regelte er die Verwaltung nach dem Muster der übrigen Pro¬
vinzen, errichtete für die Rechtspflege drei Oberämter in Glogan, Breslau
und Oppeln, für die Domainen, die Stenern und die Polizei zwei Kriegs¬
und Domainenkammern in Glogau und Breslau, setzte in den 48 Kreisen der
Provinz adelige Rittergutsbesitzer zu Landräthen ein, ordnete aber diese Be¬
hörden alle nicht dem Generaldirectorium, sondern einem besonderen Minister
für Schlesien unter. Die Evangelischen erhielten in der ganzen Provinz freie
Religionsübung, ohne daß jedoch die Katholiken in ihren Rechten gekränkt
wurden. Die strenge Unparteilichkeit des Königs, sein wohlwollendes Be¬
nehmen gegen Leute aller Stände, sowie die ächt landesväterliche Fürsorge,
welche aus seinen Verfügungen hervorleuchtete, gewannen ihm die Herzen der
Schlesier. Er bereiste öfter die ganze Provinz, erkundigte sich überall nach
dem Stande von Handel und Gewerbe und that, so viel in seinen Kräften
stand, zur Förderung derselben.
Während der König sich so eine sichere Stütze in der Dankbarkeit unb
Anhänglichkeit des schlesischen Volkes zu verschaffen suchte, wurde er immer
mehr mit der Besorgniß erfüllt, daß es Maria Theresia mit der Abtretung
des Landes nicht Ernst gewesen sei, und daß sie die erste Gelegenheit benutzen
werde, ihm dasselbe wieder zu entreißen. In der That hatte es bie Königin
nur mit Mühe über sich gewinnen können, in den Berliner Frieden zu willigen,
unb ben schweren Verlust keineswegs verschmerzt. „Alle Uebel scheinen ihr
gering /' schrieb ber englische Gesanbte an seinen Hof, „gegen bte Abtretung
Schlesiens. Sie vergißt bie Königin unb bricht wie ein Weib in Thränen
aus, wenn sie einen Schlesier sieht." Sie betrachtete es als eine schwere
Demüthigung, baß sie von einem Fürsten, welchen sie tief unter sich stehenb
meinte, zu einer Gebietsabtretung genöthigt worben war, unb sie hielt bie
Nachbarschaft bes so tiebcutenb vergrößerten Preußens für sehr gefährlich.
Friebrich konnte baher erwarten, baß sie bie erste Verwickelung benutzen
würbe, um ihn wo möglich wieber zu bemüthigen. Sein Argwohn erhielt
neue Nahrung, als er erfuhr, baß Englanb bie Königin in ihrer feinbfeligen
Stimmung bestärkte. Georg II. soll ihr in Bezug auf Schlesien tröstenb ge¬
schrieben haben: „Was leicht genommen ist, kann auch leicht wieber heraus¬
gegeben werben." Auch Sachsen verbünbete sich mit Oesterreich zur Gewähr¬
leistung ber pragmatischen Sanction, ohne baß Schlesien von bem so gewähr¬
leisteten Länberbesitze ausgenommen würbe. Es konnte babei fast nur auf
Preußen abgesehen sein.
Unterbeß machte Oesterreich in bem fortbauernben Kampfe gegen Baiern
unb Frankreich bie glücklichsten Fortschritte unb brängte bie Feinbe bis an
ben Rhein zurück. Auch Englanb hatte gerüstet unb war mit bebeutenber
Heeresmacht ben Franzosen in Deutschlanb entgegengetreten. Dieselben wür¬
ben am Main geschlagen. Vergeblich machten sie jetzt Friebensvorschläge,
Maria Theresia verwarf biese unb schloß mit Englanb, Hollanb unb Sarbi-
nien ein Schutz- unb Trutzbünbniß zur Behauptung aller ihrer Staaten, so-