320 Tie Arbeit mit den CabinerSrathen.
Zeit, wobei er allerlei Sachen überlegte unb selbst über bte ernstesten Dinge
oft bte glücklichsten Gebanken faßte, ohne baran zu benken, was er blase.
Zwischen neun unb zehn Uhr las er bte Auszüge ans Bittschriften unb bte
Berichte, bte ihm bte Cabinetsräthe eingesandt, ließ biese einzeln vor sich unb
ertheilte ihnen bte Antworten auf bte Vorstellungen, sie setzten ben Bescheid
wörtlich mit Bleistift auf bte Eingaben. Schon Friebrich Wilhelm I. hatte
sich immer mehr daran gewöhnt, bie meisten Angelegenheiten nicht mit ben
einzelnen Ministern zu berathen, sonbern sich barüber von seinen Cabiuets-
räthen, die eigentlich seine vertrauten Geheimschreiber waren, Bericht er¬
statten unb auch bie Entscheidung ohne Weiteres aus dem Cabinet, wir
man es zu nennen pflegte, ergehen zu lassen. So umfaßte auch Friebrich alle
Staatsgeschäfte allein unb setzte, blos burch die Feder seiner Cabinetsräthe.
alle Ministerien in Bewegung. Die Cabinetsräthe erlangten natürlich burch
bte nahe Stellung zum Könige eine große Wichtigkeit, fast alle Civilangelegen-
heiten gingen burch ihre Hände. Der Cabinetsrath Eichel befonbers hat bis
an seinen Tob bas unbedingteste Bertrauen des Königs genossen, was er
durch musterhafte Treue, Ehrlichkeit unb Arbeitskraft auch verdiente. Er
war für Friedrich dasselbe in allen größeren Angelegenheiten, was ihm der
Geheime Kämmerer Frebersborf, ber alle kleinen Hausangelegenheiten als
Secretär besorgte, im engeren Kreise war.
Die von bem Könige seinen Cabinetsräthen gegebenen Antworten sinb
größtentheils noch aufbewahrt unb geben von seiner landesväterlichen Gesin¬
nung und Thätigkeit eine erhabene Idee. Alle diese königlichen Befehle athmen
den Geist rastloser Sorge unb unablässigen Strebens für bas Wohl bes Lan¬
des unb jebes Einzelnen, alle sinb in ber Abfassung klar unb bünbig unb meist
überraschend» treffenb, alle bes großen Geistes unb Herzens bes Königs würbig.
Man hat sehr oft, um bas Wesen bieser Antworten zu bezeichnen, nur einige
launige unb witzige Bescheibe hervorgehoben, welche der König auf manche
alberne Anträge ertheilte, aber deren Zahl ist nur sehr gering im Vergleiche
mit ben zahllosen ernsten Entscheibungen: im Allgemeinen ist überall bas zu¬
gleich scharfe unb babei wohlwollende Eingehen bes Königs auf bie Sache
selbst zu bewunbern.
Währenb ber Arbeit mit ben Cabinetsräthen speiste ber König von ben
Kirschen, Feigen, Weintrauben ober anberem Obste, welches auf ben Spiegel¬
tischen staub unb welches er ungemein liebte. Sobalb bte Cabinetsräthe beur¬
laubt waren, legte er sein Nachtzeug ab, strich sich bie Haare ziemlich nach¬
lässig mit Pomabe, ließ sich pubern, wusch sich mit einer Serviette Gesicht
unb Hänbe unb zog sich bie Uniform an. Das Alles war in fünf Minuten
gethan. Um 10 Uhr erschien ber Commanbant, um bie Parole zu erhalten,
bann beantwortete bet König Privatbriefe, ertheilte Audienzen, las mit
lauter Stimme unb übte sich, wenn etwa Zeit übrig war, in Concert-
stücken; bisweilen besuchte er bte Parabe, ritt ober ging spazieren. In
Sanssouci ritt er gewöhnlich eine Stunde vor Tische aus, immer im Trab
oder Galop. Oft ritt er selbst von Potsdam nach Berlin, ohne sich des
Wagens, ber ihm folgte, zu bebienen. Auf Märschen ritt er bestänbig; war
bie Kälte groß, so ging er lieber zu Fuße. Beim Reiten unb Gehen trug er
einen Krückstock, ein spanisches Rohr mit einer blau emaillirten golbenen Krücke.