Die religiösen Angelegenheiten; Wöllner und Bischoffswerder. 343
Krämer wie einen künftigen Consistorialrath oder Schnlrector zn erziehen, sie
alle (tote das damals in den Stadtschulen noch immer geschah) lateinisch, grie¬
chisch, hebräisch zu lehren. Es müsse Bauer-, Bürger- und Gelehrtenschulen
geben." Für jede dieser drei Arten von Anstalten wurde festgestellt, was darin
zu lehren nothwendig sei. Auch stellte der König dem Minister Zedlitz die
nöthigsten Geldsummen zur Verfügung, um die öffentlichen Lehranstalten
nach den erwähnten Grundsätzen einzurichten und zn verbessern. In Breslau
wurden hierauf Seminare zur Ausbildung von Land- unb Stadtschnllehrern
errichtet. Auch die Universitäten erfreuten sich der Fürsorge der neuen Schul¬
verwaltung, besonders die Universität Halle, wo der berühmte Sprachforscher
Friedrich August Wolff größere Geldmittel für sein philologisches Se¬
minar erhielt, in welchem die tüchtigsten Lehrer für die höheren Schulen ge¬
bildet wurden. Das Ober-Schnl-Collegium ordnete endlich zuerst eine (Abi¬
turienten-) Prüfung für die Schüler an, welche von den gelehrten Schulen
zum Besuche der Universität übergehen wollten.
Friedrich Wilhelm's Verhalten in den religiösen Dingen; das
Wöllner'sche Edtct; Bischoffswerder. Während Friedrich Wilhelm's Für¬
sorge für das Schulwesen viel Anerkennung fand, hat ihm dagegen seine
Theilnahme an den kirchlichen Dingen die größten Vorwürfe zugezogen; be¬
sonders wurden seiue Rathgeber in diesen Angelegenheiten, der General von
Bischoffswerder und der Minister von Wöllner, beschuldigt, den König
zur Aufrichtung eines mit dem Geiste des Protestantismus und dem Geiste
der preußischen Monarchie nicht verträglichen Glaubenszwanges verleitet
zu haben.
Friedrich Wilhelm kam zn einer Zeit auf den Thron, wo es auch in den
kirchlichen Ditigen für eine Regierung nicht leicht war, das richtige Ver¬
fahren einzuhalten. Immer weiter hatte sich unter den Theologen und Geist¬
lichen eine Denkart verbreitet, welche theils die protestantische Kirchenlehre
nicht in Uebereinstimmung mit der heiligen Schrift fand, theils auch nach
dem Beispiele der englischen uub französischen Freidenker alles Wunderbare
und Geheimnißvolle ber christlichen Lehr^ überhaupt verwarf und eine soge¬
nannte vernunftgemäße Religion an die Stelle gesetzt wissen wollte. Gerade
im preußischen Staate hatte, wie erwähnt, diese der kirchlichen Lehre feind¬
liche Geistesrichtung vorzugsweise Verbreitung gewonnen, weil sie durch das
Beispiel Friedrich's des Großen selbst uub seiner freibenkenben Umgebung,
besoubers Voltaire's, sehr beförbert worben war. Die höchsten Kirchen- und
Schulämter waren unter Friedrich zum Theil mit Männern besetzt worben,
welche ber sogenannten „Aufklärung" mehr ober weniger hulbigten, unb unter
deren Einfluß ein großer Theil ber jüngeren Geistlichen unb Lehrer sich im¬
mer mehr von ber Kirchenlehre entfernte. Friedrich Wilhelm bagegen war
dem kirchlichen Bekenntnisse, wie es seit Johann Sigismund in Brandenburg
gegolten, mit Eifer zugethan, unb hielt es für feine Regentenpflicht, dasselbe
auch fernerhin gegen Neuerungen zu schützen. In diesen Ansichten von feiner
Aufgabe wurde der König besonders durch den Geheimen Finanzrath von
Wöllner bestärkt, welcher als ein früherer Lehrer in den Staatswiffenfchaften
immer in hohem Ansehen bei ihm blieb und ihm einleuchtend machte, daß
er als Oberhaupt der protestantischen Kirche alle Rechte der Kirchengewalt