Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

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Napoleon's höchste Macht. 
„Du schläfst so sanft! die stillen Züge hauchen 
Noch Deines Lebens schöne Träume wieder; 
Der Schlummer nur senkt seine Flügel nieder, 
Und heil'ger Friede schließt die klaren Augen! 
So schlumm're fort, bis Deines Volkes Brüder, 
Wenn Flammenzeichen von den Bergen rauchen, 
Mit Gott versöhnt, die rost'gen Schwerter brauchen, 
Das Leben opfernd für die höchsten Güter I 
Tief führt der Herr durch Nacht uns zum Verderben, 
So sollen wir im Kampf uns Heil erwerben, 
Daß unsre Enkel freie Männer sterben! 
Kommt dann der Tag der Freiheit und der Rache, 
Dann ruft Dein Volk, dann, deutsche Frau, erwache. 
Ein guter Engel für die gute Sache." 
45. Preußens Erhebung (1813). 
Napoleon's Macht und Uebermuth. Seit dem Tage von Tilsit war 
Napoleon unablässig und mit gewaltigen Schritten auf sein Ziel, die Be¬ 
gründung einer allgemeinen Weltherrschast, losgegangen. Vergeblich suchte 
Oesterreich ihm noch einmal entgegenzutreten. Der unglückliche Ausgang des 
Feldzuges vom Jahre 1809 führte in dem Wiener Frieden zu einer neuen 
Länderabtretung, sodann zu einer engeren Verbindung des Kaisers Franz mit 
Napoleon, welcher zur Besiegelung des Bundes, nach der Verstoßung seiner 
achtungswerthen Frau Josephine, eine Erzherzogin, Marie Luise, heirathete. 
Jetzt konnte er um so freier an die Verwirklichung seiner hochfahrenden Ent¬ 
würfe gehen. Durch die fortwährenden Erweiterungen des französischen Ge¬ 
bietes zeigte er, daß es für seine Launen kein Gesetz, keinen Vertrag und 
keine Rücksicht auf Ehre uud Treue mehr gebe. Die weltliche Herrschaft des 
Papstes hob er auf und erklärte den Kirchenstaat für einen Theil des franzö¬ 
sischen Reiches, indem er sich als Nachfolger Karl's des Großen das Recht 
beilegte, dessen Schenkung an die katholische Kirche zurückzunehmen, — sein 
Bruder Louis, dem er das Königreich Holland gegeben, mußte mehrere wich¬ 
tige Bezirke desselben an Frankreich abtreten, — das südliche Tyrol, welches 
er zuerst an Baiern bewilligt, wurde wieder losgerissen und mit dem König¬ 
reiche Italien vereinigt, — endlich erklärte er, es sei nothwendig, zur sicherem 
Beschränkung des englischen Handels, das französische Reich bis zur Ostsee 
auszudehnen, und vereinigte mit demselben die Länder der ganzen deutschen 
Nordseeküste, deren Verwaltung dem Marschall Davonst übergeben wurde. 
Während das sogenannte „große Reich" nunmehr von den Pyrenäen bis zur 
Ostsee reichte, in Italien aber, in Spanien, der Schweiz, dem Rheinbünde 
und Dänemark seine Vasallen oder Verbündeten herrschten, Preußen er¬ 
schöpft, Oesterreich durch Familienbande gefesselt schien, standen nur England 
und Rußland noch uubezwuugeu dem Eroberer gegenüber. England unterhielt 
den Freiheitskampf der Spanier und Portugiesen, sein Feldherr Wellington 
bereitete die Befreiung der pyrenäischen Halbinsel vor, während die englischen 
Flotten alle französischen Colonien eroberten.
	        
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